Während der letzten Wochen konnte man die Tatsache, dass es in Europas diesjähriger Kulturmetropole in jeder Hinsicht heiß hergeht, sogar vom Thermometer ablesen. Graz hat sich in dieser Zeit nämlich zur heißesten Landeshauptstadt gemausert. Und auch sonst ist man zwischen doppelbetürmtem Schlossberg, dem Freiluft-Spiegelkabinett und der Mur-Insel ganz besonders "gut drauf".

In diesem Bermudadreieck beispielsuchend und -gebend innovativer Subventionsinvestition blüht der gastronomische Nepp nämlich genau so üppig wie etwa in Salzburg zwischen Festspielhaus, der Getreidegasse und dem Kapuzinerberg.

Aber in einer Sache sind die Grazer den Salzburger Festspielsportlern zweifellos voraus. Der gestern vom ORF in Sonderjournalen wie der Weltuntergang zelebrierte Stromausfall in einigen Großstädten der USA steht in einem gewissen Zusammenhang mit Graz. Nicht dass etwa jene behänden Illuminationskünstler, die seit Jahresbeginn die Grazer Innenstadt des Abends in heimelige Farben tauchten, nun etwa in Amerika mit dem gleichen Ziel einen monströsen "Kurzen" verursacht hätten, ganz im Gegenteil: Im Jahr 1875 immatrikulierte der 19-jährige Sohn eines serbisch-orthodoxen Geistlichen namens Nikola Tesla an der Polytechnischen Hochschule in Graz.

Der Lerneifer des kaiserlich-königlichen Stipendiaten war so groß, dass er von drei Uhr morgens bis elf Uhr Nacht über den Büchern saß, um das Pensum zweier Studienjahre in einem einzigen zu bewältigen.

Als sein Grazer Professor, Pöschl mit Namen, einen Gleichstrommotor demonstrierte, entwickelte Tesla spontan die Idee eines Wechselstrommotors, was bei seinem Lehrer nichts weiter als Kopfschütteln auslöste. Möglicherweise war diese Frustration der Grund, warum Tesla in seinem zweiten Grazer Jahr sein Interesse auf das Kartenspiel konzentrierte. Und sein Geld bei diesem verspielte. Was zur Folge hatte, dass er der Schule verwiesen wurde.

Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, einer der größten Erfinder des vergangenen Jahrhunderts zu werden. Unter anderem erfand er den Wechselstrommotor, die drahtlose Datenübertagung. Für George Westinghouse konzipierte er im Jahr 1893 das damals als Weltwunder gefeierte Kraftwerk an den Niagarafällen - und er entwickelte schließlich ein Prinzip der drahtlosen Energieübertragung.

Von diesem wollten Ame- rikas Wirtschaftstycoons allerdings nichts wissen. Die gesamte Wirtschaft lief nämlich schon nach den ebenfalls von Tesla ersonnenen konventionellen Prinzipien der Energieübertragung - durch mittlerweile eben altersschwache Leitungen.

Wäre der Bankier John Pierpont Morgan dieser Idee eines ehemaligen Grazer Studenten näher getreten, wäre am Donnerstag im Big Apple das Licht sicher nicht ausgegangen. (Peter Vujica, DER STANDARD, Printausgabe vom 16./17.8.2003)