Maria Höfl-Riesch ist richtig erschrocken, als sie Vanessa Mae zum ersten Mal als Skirennläuferin gesehen hat. "So klein und zerbrechlich. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie sie durch so einen Lauf durchkommt, ohne sich zu verletzen", sagt sie über die britische Star-Geigerin. Am Dienstag wird sich Höfl-Riesch nichts mehr vorstellen müssen: Dann wird die 35-jährige Vanessa Mae beim Riesenslalom eine ihrer Konkurrentinnen sein.
Konkurrentin ist natürlich Unsinn. Mae wird um Sekunden bis Minuten langsamer sein. Sie ist eine der sogenannten Exoten, die das Bild sämtlicher Spiele ein bisserl prägen. "Seit ich 14 bin, träume ich davon, auf der Skipiste abzuhängen", sagte Mae der englischen Tageszeitung Daily Telegraph. Mit vier hat Mae mit der Skifahrt angefangen. Früher als mit dem Geigespielen, das sie erst mit fünf lernte. Während sie es als Violinvirtuosin ins Guinness-Buch der Rekorde schaffte und ein Millionenvermögen einspielte, verlief der Start in die Skikarriere weniger glücklich: Vor fünf Jahren brach sich Mae, als sie aus dem Lift stieg, den Ellbogen. Sie musste sieben Wochen Gips tragen, aber von ihrem Olympia-Traum ließ sie sich nicht abbringen. Für Sotschi unterbrach die 35-Jährige sogar ihre Musikkarriere. Unter dem Nachnamen ihres thailändischen Vaters, Vanakorn, bestritt sie einige unterklassige Rennen und qualifizierte sich. Sie tritt als Vanessa Vanakorn für Thailand an.
Die Region kennt Mae bereits, 2011 spielte sie dem tschetschenischen Menschenrechtsverletzer Ramsan Kadyrow ein Ständchen zum Geburtstag. "Für mich geht es um den Spaß", sagt die in der Schweiz lebende, 1,60 Meter kleine und 48 Kilo leichte Mae. Um Aufmerksamkeit gehe es ihr nicht. Wegen ihrer "faulen Seite" habe sie ein Ziel gesucht. "Ich habe mich gefragt, ob ich wirklich nur an sonnigen Tagen Ski fahren gehen werde oder tatsächlich besser werden will." Nach Sotschi soll wieder die Musik im Mittelpunkt stehen. "Das ist einfacher. Alles ist nur Interpretation." (red, DER STANDARD, 18.02.2014)