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Der Griff zum Regler des Heizkörpers kann für Wohnungsbesitzer in Außenlagen empfindlich teuer werden, wenn die Messmethode auf elektronischen Heizkostenverteiler umgestellt wird.

Foto: AP/Michael Probst

Wien - Da kann der bisherige Verlauf des Winters noch so warm gewesen sein: Als bei Erich Endel kürzlich die jährliche Heizkostenabrechnung für 2013 hereingeschneit ist, kam der Wiener richtig ins Frösteln. Denn für seine Wohnung mit einer Heizfläche von 72 Quadratmeter verlangte das für sein Mehrparteienhaus zuständige Energieunternehmen 2500 Euro. Vergangenes Jahr wurden vergleichsweise nur 1670 Euro ausgewiesen. Klar, das Frühjahr 2013 bot mit seinen kalten Perioden durchaus einige Gründe, um nochmals die Heizung einzuschalten. Dass dafür die Jahresabrechnung aber gleich um die Hälfte teurer wurde?

Nach der auch im Vergleich zu früheren Jahre immensen Kostensteigerung fragte Endel bei der Energiecomfort nach, einer Tochterfirma der stadteigenen Wien Energie. "Dort wurde mir erklärt, dass die Mehrkosten mit der kürzlich erfolgten Umstellung der Messmethode zu tun haben können", sagte er. "Aber diese Steigerung ist jenseits von Gut und Böse."

Kostensteigerungen bis zu fünfzig Prozent

Endel ist im Mehrparteienhaus im Obergeschoß einquartiert. Nachbarn in Außenlagen klagen in puncto Heizkosten ebenfalls über Kostensteigerungen um bis zu fünfzig Prozent. In einer 120-Quadratmeter-Wohnung sollen sich die Heiz- und Warmwasserkosten 2013 sogar auf 4500 Euro erhöht haben.

Christian Call von der Energiecomfort bestätigt, dass eine Umstellung der Messmethode in einem mehrstöckigen Haus zu Kostenverschiebungen führen kann. "Das ist durchaus ein Thema", sagt Call dem STANDARD. Die gesetzlichen Bestimmungen bei Ablesungen würden aber natürlich eingehalten.

Konkret geht es in diesem Fall um die Umstellung vom "Heizkostenverteiler auf Verdunsterbasis" - je nach Wärme in der Wohnung verdunstet Spezialflüssigkeit in einer Ampulle schneller oder langsamer - zur elektronischen Abmessung. Wurde bisher mit Verdunsterröhrchen eher eine gleichmäßige Verteilung von Heizkosten im Mehrparteienhaus erreicht, wird jetzt elektronisch pro Haushalt quasi schärfer gemessen. Denn elektronisch werden die Heizkosten als Temperaturunterschied zwischen Heizkörper und umgebender Raumtemperatur genauer errechnet.

"Eine Frage der Physik"

Soll heißen: Hat ein Besitzer Glück und geht eine Hauptleitung für die Heizung durch seine Wohnung und heizt diese mit, muss er bei elektronischer Messung weniger zahlen. Denn er braucht die Heizkörper weniger oft aufzudrehen. Bei der alten Methode mit Verdunsterröhrchen spielte die Wohnfläche eine größere Rolle. Er zahlte praktisch für Nachbarn, die seine Wohnung mitheizten, anteilsweise mit.

Vor allem Wohnungen in der Mitte eines Hauses oder neben warmen Gemeinschaftsräumen profitieren von der elektronischen Messung. Wohnungen in Außenlagen müssen hingegen bei der Umstellung mit teilweise signifikanten Mehrkosten rechnen, weil sie viel Wärme an die Außenluft verlieren und nachheizen müssen. "Das ist eine Frage der Physik", sagt Call. Dafür hätten Wohnungen in oberen Stockwerken auch mehr Sonne und eine bessere Aussicht.

Bessere Aufklärung verlangt

Diese tröstet Erich Endel und andere Parteien in Wohnungen mit Außenlagen vorerst nicht über gesalzene Rechnungen hinweg. Er vermisst bessere Aufklärung. Ein Ehepaar überlege bereits, die Dachwohnung wegen der immensen Kosten aufzugeben.

Die Frage ist, ob neue Mieter von Obergeschoßwohnungen und anderen heizintensiven Gebäudeteilen über die zu erwartenden hohen Heizkosten im Vorfeld informiert werden müssen. Eine Verpflichtung gibt es diesbezüglich nicht, kritisiert Nadja Shah, die Bundesgeschäftsführerin der Mietervereinigung. So würde der Energieausweis nur das gesamte Gebäude bewerten. Parteien in Außenlagen könnte bei elektronischer Messung trotz guter Werte im Ausweis eine saftige Heizrechnung blühen. "Da ist auch eine Mietertäuschung zu prüfen", sagt Shah dem STANDARD. Für Abrechnungsunternehmen und andere beteiligte Firmen sei der elektronische Heizkostenverteiler jedenfalls ein sehr gutes Geschäft. (David Krutzler, DER STANDARD, 18.2.2014)