Wien - Rund um den Valentinstag keimen auch in seriösen (ehemaligen) Herrenvereinen intensive Gefühle der Zuneigung und des Dankes auf, denen dann durch schöne Gaben Ausdruck verliehen wird: Weil sich, wie es im philharmonischen Programmheft formuliert war, Franz Welser-Möst "in überaus liebenswürdiger Weise" bereit erklärte, die Februar-Konzerte des an Schulterproblemen laborierenden Daniele Gatti zu dirigieren, wurde auf der Hauptversammlung letzte Woche beschlossen, dem Generalmusikdirektor kein Sträußchen, keinen Strauß, nein: gleich den Ehrenring der Philharmoniker zu verleihen.

Mit den Terminen übernahm Welser-Möst auch Gattis Programm: Beim Abonnementkonzert erklangen wie geplant Schuberts Unvollendete sowie die 4. Symphonie Gustav Mahlers. Der Schubert war schön; am schönsten war das Seitenthema des ersten Satzes, wenn es nach den Celli die ersten und zweiten Violinen wiederholten: so behutsam und zart. Ernst und Kampfesmut fanden in der Durchführung Gehör.

Dann der Mahler. Welser-Möst ist bekanntermaßen ein Mann, der das Salbungsvolle mit dem Sachlichen und das Energische mit dem Akkuraten zu verbinden weiß wie kein Zweiter; ein Stimmungsmagier, ein Extremist in Sachen emotionale Entäußerung ist der Oberösterreicher nicht. Schade: Ein bisschen was davon wäre für Mahlers zur Symphonie angewachsene "Humoreske" schon fein gewesen. Speziell im 2. Satz zeigte der Orchesterleiter nur einen limitierten Sinn für Mahlers Bizarrerien, seine Schelmenstücke, seine drastische Theatralik - dabei hätte ihm Konzertmeister Rainer Honeck mit seiner intensiven, mutig hässlichen Interpretation des Soloparts gleich zu Beginn den Weg gewiesen.

Dafür gelang der dritte Satz gewinnend: Der Beginn war zart und schlicht und innig. Die Wiener Philharmoniker klangzauberten und taten, was sie an dieser Stelle schon seit fast 150 Jahren tun: Sie lösten das emotionale Korsett ihrer soignierten Kundschaft und betrieben diskrete Seelenmassage. Im Finalsatz sang Juliane Banse fröhliche Verse über die Freuden des elysischen Lebens. Applaus. (Stefan Ender, DER STANDARD, 17.2.2014)