Wien - Im Leben eines großen Stars kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo man als solcher eingeladen wird, sich doch einmal wieder mit der realen Welt der kleinen Leute zu konfrontieren. Und es zeitigt in der Folge oft interessante Ergebnisse, wenn man eine Kinoikone in einem sozialrealistischen Kontext platziert, Erinnerungen, Erwartungen, Images oder einen Stil mit der Anmutung von Authentizität konfrontiert.

Catherine Deneuve spielt in Emmanuelle Bercots melancholischer Komödie Madame empfiehlt sich / Elle s'en va eine solche Rolle. In wenigen, treffenden Szenen werden uns anfangs eine Frauenfigur und deren (gerade unbefriedigende) Lebenssituation hingestellt. Dann geht Bettie (Deneuve) eines Mittags durch die Hintertür ihres kleinen Restaurants in der Bretagne nach draußen, steigt in ihren alten Benz und fährt einfach los, ins sommerliche Hinterland.

Zunächst eröffnet das die Möglichkeit für losgelöste kleine Begebenheiten - etwa jene, in der Bettie, getrieben vom Hunger nach einer Zigarette, einem freundlichen Männchen in dessen Wohnküche folgt und dann auf dem Küchenstuhl fast vergeht, während der Alte ihr sehr langsam mit gichtverkrümmten Fingern eine Zigarette dreht. Oder jene, in der sie in einer Bar an der Landstraße die Bekanntschaft des jungen Schlitzohrs Marco (Paul Hamy) macht, der sie schamlos umgarnt und ihr am nächsten Morgen artig Frühstück ans Motelbett bringt.

Madame s'en va und sein Star bewegen sich hier noch angenehm beiläufig in einem Landstrich, in Milieus der Randlagen. Leider entscheidet sich Bercot dann aber doch dafür, eine (Familien-)Geschichte zu erzählen - und die ist nur noch mäßig originell. Die schöne ziellose Fahrt bekommt eine Destination und einen Antrieb (der Enkel muss zum Opa väterlicherseits chauffiert werden, das Happy End bleibt in der Familie). Auch Betties Ausbruch wird aus einer Vorgeschichte heraus erklärt, die recht klischeehaft wirkt. Die erste halbe Stunde macht aber wirklich Spaß. (irr, DER STANDARD, 17.2.2014)