Berlin - Als Konsequenz aus der internationalen Spähaffäre erwägt die deutsche Bundesregierung, westliche Geheimdienste und Botschaften auf deutschem Boden durch eigene Agenten beobachten zu lassen. Im Bundesamt für Verfassungsschutz gebe es Pläne, die Spionageabwehr massiv auszubauen und etwa Vertretungen von Partnerstaaten wie den USA überwachen zu lassen, berichtete der "Spiegel" am Sonntag.

Auch die Vertretung Großbritanniens könnte demnach in Zukunft überwacht werden. Die Erlangung präziser Kenntnisse über als Diplomaten akkreditierte Nachrichtendienst-Mitarbeiter in Deutschland und über die technische Ausrüstung von Botschaftsgebäuden stehe dabei im Vordergrund.

Reaktion auf NSA-Abhörskandal

Der Militärische Abschirmdienst prüfe, ob er verbündete Nachrichtendienste bei der Spionageabwehr stärker ins Visier nehmen sollte. Ins Rollen gebracht wurde die Debatte durch Enthüllungen des IT-Spezialisten Edward Snowden, denen zufolge die USA und mit ihnen verbündete Staaten weltweit willkürlich Kommunikationsdaten abzapfen. Auch internationale Spitzenpolitiker gehörten demnach zu den Zielen, unter ihnen auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Im Raum steht der Verdacht, dass die Spähaktionen unter anderem von Botschaftsgebäuden im Berliner Regierungsviertel aus geführt wurden.

Dem "Spiegel" zufolge müssen sich das Bundeskanzleramt, das Innenministerium und das Auswärtige Amt vor einer endgültigen Entscheidung zum Ausbau der Spionageabwehr aufeinander abstimmen. Der innenpolitische Sprecher der CSU, Stephan Mayer, begrüßte einen möglichen Kurswechsel: "Man darf befreundete Staaten nicht außer Acht lassen", sagte er dem Hamburger Nachrichtenmagazin. Auch Innenexperten von CDU und SPD wurden vom "Spiegel" mit wohlwollenden Äußerungen zitiert.

Das Magazin berichtete außerdem über einen mutmaßlichen Spionageangriff der chinesischen Geheimdienste auf die deutsche Regierung. Im Vorfeld des G-20-Gipfels in St. Petersburg seien vergangenen September E-Mails mit Schadsoftware an ranghohe Mitarbeiter mehrerer Ministerien und Banken verschickt worden. Darin sei unter anderem ein Informationsaustausch unter den wirtschaftspolitischen Beratern der Staats- und Regierungschefs vorgegaukelt worden.

Eine Regierungssprecherin bestätigte dem Magazin erfolgreich abgewehrte Versuche, "die Informationssicherheit im Bundeskanzleramt auf dem beschriebenen Wege zu kompromittieren". Die Schadsoftware sollte nach "Spiegel"-Informationen ihre Ergebnisse nach China liefern und dürfte nach Erkenntnissen des deutschen Verfassungsschutzes "nachrichtendienstlichen Urhebern zugeordnet" werden. (APA, 16.2.2014)