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Auch Michael Jackson hatte eine: Seine Jukebox der Marke Seeburg Select-O-Matic, Modell DS100H, wurde im April 2009 versteigert.

Foto: AP/Shaan Kokin

"Das ist meine neueste Aktie", sagt Günter Freinberger und klopft zärtlich an eine mannshohe wuchtige Kartonkiste. "Ich traue mich noch gar nicht, sie auszupacken." Um seine Neugier zu bezähmen, hat er aber zumindest ein viereckiges Fenster ausgeschnitten. Der Blick ins Innere zeigt eine in Plastik gehüllte, chromblitzende 168-Kilo-Schönheit mit den Maßen 142x86x71 cm.

"Eine Wurlitzer Modell Classic 2000 Vinyl. Die vorletzte Box vom Werk in Deutschland, die noch mit Vinylplatten zu bestücken ist." Ehrfurcht liegt in der Stimme Freinbergers. Für 9000 Euro hat der Sammler aus dem niederösterreichischen Ruprechtshofen vor kurzem das musikalische Prachtstück ergattert. Schon jetzt liegt ihm ein Angebot in Höhe von 15.000 Euro vor. Im Vorjahr hat die deutsche Tochterfirma des legendären amerikanischen Jukebox-Herstellers die Produktion aufgegeben.

Nicht viele Menschen wissen heutzutage noch, was eine Jukebox ist. Bis in die 70er-Jahre waren die kastenartigen Musikmünzautomaten in vielen Cafés und Gasthäusern der unterhaltende Mittelpunkt. Diskotheken, tragbare Plattenspieler und Radiomusik rund um die Uhr zogen den schmucken Musikmonstern nach und nach den Stecker.

Unsichtbarer DJ

"Wähle nach jedem Geldstück. Drücke Buchstabe und Nummer", lautet die Gebrauchsanweisung auf einigen der mehr als 50 Geräte, die in Freinbergers Sammlerreich aufgestellt sind. Ein unsichtbarer Disk Jockey angelt die gewünschte Platte, der Tonarm senkt sich mit einem leisen Knacken - "Hang down your head, Tom Dooley", ertönt das Kingston Trio aus einem Automatentraum in Grün, einer Ami I 120 Multi-Horn aus dem Jahr 1958.

Elektronikmeister und EDV-Fachmann Freinberger hat sich auf Geräte der nordamerikanischen Hersteller wie Wurlitzer, Rock-Ola, Seeburg und AMI ab den 1950er-Jahren spezialisiert. Ihre Vorvorläufer waren automatische Phonographen, die ab 1889 in größerer Menge produziert wurden und die Musik von einer Wachswalze abspielten. Die Erfindung der Schallplatte, aber noch viel mehr der Einsatz elektrischer Verstärker ab 1927 drehte den Absatz der Musikboxen in die Höhe. Denn jetzt konnten die Geräte in der Lautstärke mit Bands und Orchestern mithalten, die in Gasthäusern als Publikumsmagneten auftraten.

In den USA erhielt mit der Verbreitung der Jukeboxes besonders die schwarze Bevölkerung, die zu vielen Orten keinen Zutritt hatte, die Möglichkeit, in eigenen Lokalen die Musik ihrer Stars wie Jelly Roll Morton, Billie Holiday, Louis Armstrong oder Duke Ellington zu hören.

Der Zweite Weltkrieg ließ auch die Jukebox-Branche vorübergehend verstummen. Nach Kriegsende waren die Menschen in den USA und Europa wieder süchtig nach Unterhaltung, Zerstreuung und Musik. Allein vom Modell 1015 verkaufte Wurlitzer ab 1946 um die 60.000 Stück in nur 18 Monaten. 1953 sollen in den USA mehr als 450.000 Automaten diverser Hersteller über das Land verteilt im Einsatz gewesen sein.

Jugendtraum mit Rendite

Freinberger kaufte 1976 im Alter von 15 Jahren seine erste defekte Jukebox zum Preis von 3200 Schilling (rund 230 Euro). "Das waren zwei Lehrlingsentschädigungen", erinnert er sich. Dass dies der Grundstock zu einer lukrativen Wertanlage werden würde, ahnte er damals noch nicht. 2013 hat er das gute Stück, eine Ami K 200, verkauft. Für 6000 Euro. Ungefähr eine Rendite von 2800 Prozent, hat er sich zum Spaß einmal ausgerechnet.

Summen in den höchsten Tönen spielen allerdings Modelle aus der Vorkriegszeit ein. Bis dato unübertroffen sind 120.000 Dollar für eine der raren 1940 Gable Juro, eine Jukebox im Art-déco-Stil, die im Jahr 2009 in den USA versteigert wurde. Auf der gleichen Auktion machte ein österreichischer Sammler mehr als 77.000 Dollar für einen nie in Produktion gegangenen Prototyp eines Wurlitzer-Geräts aus dem Jahr 1936 locker.

Die Preise für noch original verpackte oder gut gepflegte Musikdinos halten sich seit Jahren auf hohem Niveau. Der Markt spielt sich weitgehend unter Sammlern ab, die vor allem eins draufhaben: alten Kisten neues Leben einzuhauchen. So gesehen ist das Sammeln für unbedarfte Einsteiger kein Leichtes. Wer eine günstige Jukebox mit der Option Wertzuwachs angeboten bekommt, muss die Kosten fürs Restaurieren einkalkulieren. Dafür hat er dann zumindest eine klangvolle Anlage, "die relativ diebstahl- und fälschungssicher ist", weiß Sammler Freinberger. (Karin Tzschentke, DER STANDARD, 14.2.2014)