Österreich ist ein kleines Land, das seinen Ruf in der Welt ständig behaupten und erneuern muss. Keine leichte Aufgabe. Außer unseren Politikern haben wir kaum Bodenschätze, und für den Tourismus machen auch die nur wenig her (kein Mensch bucht einen Wienurlaub, um Rudolf Hundstorfer zu besichtigen).

Daher setzen wir auf unsere traditionellen Trümpfe, die Musik und den Wintersport. Derzeit ist natürlich vor allem die hysterische Kollektiv-Identifikation mit den Skisportlern angesagt. Diese Hysterie wird mächtig unterstützt durch die Massenmedien, welche zur Olympiazeit ihre gewohnten verbalen Wunderwaffe ausgepackt haben,

Wunderwaffe eins ist das besitzanzeigende Fürwort in der Mehrzahl: "Unser Schlierenzauer." Dieses "Unser" stellt ein Wir-Gefühl her, unter dem jeder patriotisch gesinnte Busen blitzartig auf das Doppelte anschwillt.

Wunderwaffe zwei ist der animalische Vergleich: "Unsere Adler." Raffiniert, schmeichelhaft und gut ausgewählt, weil viele andere Tier-Referenzen ungünstiger ausfallen würden ("Unsere Hupfdohlen", "unsere Fledermäuse", "unsere Rohrspatzen").

Wunderwaffe drei ist das Infantil-I: unser Schlieri, Morgi, Landi etc. Das Infantil-I ist ein mächtiges Instrument, um jedermann sofort in einen Zustand kritikloser kindlicher Bewunderung regredieren zu lassen. Einziger Wermutstropfen: Manchmal klingen die I-Formen kontraproduktiv oder albern. In Wahrheit wirkt doch "Morgenstern" kämpferischer als ein noch so liebevoll gemeintes "Morgi". Und "Schlieri" hört sich leider an wie die Markenbezeichnung für einen Allzweckreiniger.

Abschließender Tipp des wie immer hochkonstruktiven Krisenkolumnisten: Ja, unsere verbalen Wintersportwunderwaffen sind mächtig, prächtig und voll der erhabensten nationalen Wohlgefühle. Und doch würde mehr Einfallsreichtum beim Einschleimen nicht schaden.

Hier einige wenige Sätze, die wir demnächst in unseren Lieblingsblättern gerne läsen: "Schlieri, wir möchten wie Skiwachs in deinen Händen zergehen!", "Morgi, lass uns Unwürdige deine Skispitzen lecken!" Wie lieblich klänge das denn! Freilich sollten wir nicht nur beim Lob beherzter formulieren, sondern gleichermaßen beim Tadel: Eine Schlagzeile wie "Könnt ihr denn nicht weiter springen, ihr Koffer?" sollte da künftig schon einmal drin sein. (Christoph Winder, Album, DER STANDARD, 15./16.2.2014)