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Wirtschaftsprofessor Michael Heuser appelliert an die Positive Gestaltungsmacht der Personaler in puncto Anstand.

Foto: Archiv

Seit zehn Jahren fordern die Keynote-Speaker beim Jahresforum für die Personalwirtschaft (PoP) die heimischen Personalverantwortlichen heraus. Heuer im April in Rust übernimmt diese Rolle der Wirtschaftsprofessor Michael Heuser von der privaten Fachhochschule der Wirtschaft im deutschen Mettmann (Nordrhein-Westfalen). "Think big. Learn fast. Fight hard", titelt er knackig.

Zuerst sein Blick auf die Branche: Es erodiere unter den Personalern zunehmend die Mitte, so Heuser, wobei sich ein Teil nach "unten" verschiebe, also in den Bereich, der IT-unterstützt automatisierte Prozesse moderiert. Dies, konstatiert er, überwiegend professionell und sauber. Ein anderer Teil verschiebe sich nach "oben ins HR-Premium", also in jenen Bereich, wo das Geschäft strategisch verstanden werde und auf dieser Basis Personalleistungen angeboten würden.

Rückzug ist zu wenig

Die Herausforderungen der kommenden Jahre sieht er genau in dieser Spitze: Es sei die Aufgabe starker Personaler im Unternehmen klarzumachen, dass nicht alles erlaubt sei, was (via Compliance und Gesetz) nicht verboten ist. Sich via Rückzug auf sogenannte "Kernkompetenzen" als quasi verlängerte Personalwerkbank zu definieren reiche nicht aus, denn da würden Felder aufgegeben, unbestellt bleiben, um die es künftig zentral gehe, ist der Professor überzeugt.

Was er meint, ist ein Gegengewicht zur ökonomisierten Moral in Unternehmen - eben nach dem Motto "Tun, was nicht verboten ist". Was daraus entstanden sei, benennt er mit Verweis auf die Spitzen der Eisberge der gegenwärtigen Krisen, die 2008 in Form der Finanzkrise ihren Ausgang nahmen. Gut ausgebildetes Bauchgefühl für Anstand erachtet er als "verlorengegangen" - zumindest über weite Strecken, denn positiv und optimistisch ist er schon.

Sonst könnte er wohl nicht appellieren, dass Human Resources jetzt, da Prozesse professionalisiert und in Ordnung seien, die Auseinandersetzung mit dem Management führen müsse.

Passen der Werte ist zentral

Ein Warum beantwortet er ganz praktisch betriebswirtschaftlich: Der sogenannte War for Talents, also der Wettstreit der Firmen um besonders leistungsfähige, besonders gut ausgebildete und besonders committierte Mitarbeiter, werde längst nicht mehr rein auf dem ökonomischen Feld entschieden, sondern auch auf dem moralischen. Es gehe eben nicht mehr nur um das materielle Wohlbefinden im Job, sondern immer mehr um das Passen der Werte, um das Erkennen und Erleben von Sinn.

"Die Zeit ist reif umzusteuern". Natürlich gehe das nicht via Umlegen eines Hebels. Eine "Remoralisierung" sei ein langwieriger Prozess, ein langer Marsch. Dazu gehöre positives Machtverständnis der Personaler, um herrschender Macht auch widersprechen zu können. (Karin Bauer, DER STANDARD, 15.2.2014)