Dass Förderung durch einflussreiche Personen der eigenen Karriere (gerade im Bereich der Chefetagen oder auf dem Weg dorthin) durchaus zuträglich ist, ist nicht nur für gelernte Österreicher vermutlich eine Binsenweisheit. Aber wie wichtig ist sie im Vergleich zu einigen anderen Kriterien, die gemeinhin mit beruflichem Erfolg assoziiert werden, wie bestimmten Persönlichkeitszügen oder schlicht dem zeitlichen Arbeitseinsatz? Und hat sich bezüglich der relativen Bedeutung dieser Faktoren in den vergangenen Jahrzehnten etwas verändert?

Die folgenden Ergebnisse zu diesen Fragen beruhen auf Daten des Vienna Career Panel Project, genauer auf drei Kohorten von insgesamt 638 Wirtschaftshochschulabsolventen mit Studienabschluss um 1970, 1990 und 2000, wobei jeweils die ersten zehn Karrierejahre betrachtet wurden. Konkret wurden die Zusammenhänge des Einkommens mit wahrgenommener Förderung durch einflussreiche Personen einerseits sowie mit berufsbezogenen Persönlichkeitsmerkmalen (Leistungs- und Führungsmotivation, Flexibilität und Teamfähigkeit) andererseits und last, but not least mit der durchschnittlichen tatsächlichen Wochenarbeitszeit untersucht.

Bedeutende Förderung

Bei einer Analyse aller drei Kohorten zusammen scheint die Förderung durch einflussreiche Personen für das Einkommen zumindest so bedeutend wie die richtige Karrierepersönlichkeit (flexibel, leistungs- und führungsmotiviert) und kaum weniger wichtig als die geleistete Arbeitszeit. Bei einer nach Kohorten getrennten Betrachtung zeigt sich zudem eine tendenzielle Entwicklung in Richtung erhöhter Einkommensrelevanz von Förderung durch einflussreiche Personen bei den jüngeren im Vergleich zu den älteren Kohorten. Zugleich nahm der Einfluss der Persönlichkeit bei der 2000er-Kohorte im Vergleich zur 1990er-Kohorte minimal ab. Auch wenn diese Effekte nicht sehr ausgeprägt sind und teilweise als Zufallsschwankungen klassifiziert werden können, lassen sie sich als Hinweis auf eine leicht (weiter) steigende Bedeutung wohlwollender und mächtiger Mentoren für die eigene Karriere deuten.

Spiegelt sich diese Entwicklung womöglich auch im mikropolitischen Verhalten wider? Die Ergebnisse deuten darauf hin: beim Networking und gezielten Anbahnen von Beziehungen zu potenziellen Förderern und Unterstützern ist die jüngste Kohorte signifikant eifriger als die beiden älteren Kohorten. Gleichzeitig geht die berichtete Wochenarbeitszeit in den jüngeren Kohorten tendenziell zurück. Junge Karrieristen auf dem leichten, schnellen Weg zur dunklen Seite der Macht? Nicht unbedingt. So wird einerseits auch der Zusammenhang zwischen Wochenarbeitszeit und Einkommen in den jüngeren Kohorten stärker. Andererseits hat etwa der Managementforscher Fred Luthans schon in den späten 1980er-Jahren festgestellt, dass die Betonung von Networking und Antichambrieren anstelle aufgabenbezogener Kommunikation die erfolgreichen von den effizienten ManagerInnen unterscheidet. Auch wenn man Seilschaften als Weg zum Erfolg ablehnt, gilt letztlich damals wie heute: "Don't hate the player, hate the game." (Michael Schiffinger, DER STANDARD, 15.2.2014)