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Mit einer Breitseite gegen die Verlautbarungen der Regionalregierung in Edinburgh hat der britische Finanzminister George Osborne am Donnerstag in die schottische Unabhängigkeitsdebatte eingegriffen. Anders als von der Nationalpartei SNP behauptet, werde London einer Währungsunion mit seiner abtrünnigen Nordprovinz nicht zustimmen, sagte der Konservative sieben Monate vor der Volksabstimmung: "Wenn Schottland das Vereinigte Königreich verlässt, verlässt es auch das gemeinsame Pfund."

Osborne stützt sich auf eine Analyse seines Ressorts, wonach die Weiterführung der gemeinsamen Währung durch zwei unabhängige Staaten den Interessen sowohl der 5,3 Millionen Schotten als auch der restlichen 57 Millionen Briten schaden würde. Binnen weniger Stunden schlossen auch die finanzpolitischen Sprecher der beiden anderen Unionsparteien - Labour und Liberaldemokraten - eine künftige Währungsunion aus.

Der Finanzminister rühmte das Pfund als eine der ältesten und erfolgreichsten Währungen weltweit: "Ich hoffe von ganzem Herzen, dass das schottische Volk weiter zur gemeinsamen Familie gehören will." Der gesunde Menschenverstand spreche gegen ein hochriskantes Experiment mit ungewissem Ausgang. "Man kann eine Währung nicht aufteilen wie eine CD-Sammlung." Am Beispiel des Euro und gestützt auf Äußerungen von Zentralbankgouverneur Mark Carney zählte der EU-Skeptiker Osborne die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Währungsunion auf: Dazu brauche es eine Bankenunion sowie die wechselseitige Kontrolle der Fiskalpolitik. "Schottland hätte weniger Souveränität als jetzt."

Der Edinburgher SNP-Ministerpräsident Alex Salmond reagierte giftig: Die "Einschüchterungsversuche" würden nach hinten losgehen. Salmonds Stellvertreterin Nicola Sturgeon sprach von einem "Bluff" und setzte das Pokerspiel fort: Wenn London sich der Währungsunion verweigere, werde Schottland auch nicht, wie bisher versprochen, "einen fairen Anteil" der britischen Staatsschulden übernehmen: Dann müsste London für die gesamte bisherige Staatsschuld von derzeit 1,68 Billionen Euro geradestehen.

Die konzertierte Aktion der Finanzexperten aller großen Parteien markiert eindeutig eine neue Phase in der bisher mit Samthandschuhen geführten Debatte: Erst vergangene Woche hatte es Premier David Cameron mit einer Art Liebeserklärung an die Schotten versucht: "Wir sind als gemeinsame Marke stark", sagte der Chef der konservativ-liberalen Koalition. Britischen Bürgern außerhalb der Nordprovinz, darunter viele Schotten ohne eigenes Stimmrecht, legte der Engländer mit dem schottischen Namen nahe, sie sollten ihre Freunde und Verwandte für die gesamtbritische Union begeistern.

Auf verlorenem Posten

Am Donnerstag hingegen ging es um Antworten auf die Frage: Wem nützt, wem schadet die Sezession? Wenn sich der Eindruck durchsetzt, der Neuanfang als souveräner Staat werde die Bewohner des britischen Nordens außer Einfluss auch erheblich Geld kosten, dürften die Nationalisten beim Urnengang am 18. September auf verlorenem Posten stehen. In den vergangenen Wochen war die bisher solide Mehrheit für den Verbleib bei Großbritannien zusammengeschmolzen: Zuletzt betrug der Abstand noch sieben Punkte.

Zudem geben sich 15 bis 20 Prozent der Wahlberechtigten, darunter erstmals auch 16- und 17-Jährige, unentschlossen. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 14.2.2014)