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Der auch in Österreich heimische Gelbe Frauenschuh (Cypripedium calceolus) legt erst nach etwa vier Jahren ein erstes grünes Blatt an.

Foto: AP/Peter Zschunke

Bayreuth - Orchideen wachsen mit Ausnahme der Antarktis auf jedem Kontinent der Erde. Mit rund 25.000 Arten bilden die Gewächse eine der weltweit größten und am weitesten verbreiteten Pflanzenfamilien. Einer Forschungsgruppe im Labor für Isotopen-Biogeochemie der Universität Bayreuth ist es nunerstmals gelungen, die Verteilung von Kohlenstoff- und Stickstoff-Isotopen in einzelnen Orchideenkeimlingen mit hoher Genauigkeit zu bestimmen. Die im Fachmagazin "New Phytologist" veröffentlichten Ergebnisse tragen wesentlich zur Klärung der Frage bei, in welcher Entwicklungsphase und in welchem Umfang verschiedene Orchideenarten in Symbiose mit Pilzen leben und von diesen mit Nährstoffen versorgt werden.

Auf Pilze angewiesen

Jede Orchideenpflanze produziert in ihrer Samenkapsel mehrere hunderttausend Samen. Das äußerst geringe Gewicht der einzelnen Samen (etwa zwischen 0,3 und 24 Mikrogramm) hat den Vorteil, dass sie durch Wind über weite Strecken transportiert werden können - ein zentraler Grund für die großflächige Verbreitung. Der Nachteil besteht jedoch darin, dass Orchideensamen kein eigenes Nährgewebe besitzen.

Deshalb sind sie auf eine Symbiose mit Pilzen angewiesen, von denen sie bis zur Entstehung der Jungpflanzen mit allen erforderlichen Nährstoffen versorgt werden: Nur so entsteht aus einem Samen allmählich ein Zellhaufen, das sogenannte Protokorm. Hieraus wiederum entwickeln sich mit Unterstützung der Pilze allmählich erste Keimlinge. Diese Wachstumsprozesse sind sehr langwierig - sie beanspruchen in der Natur meist mehrere Jahre.

Autotroph vs. myko-heterotroph

Danach unterscheiden sich die unterschiedlichen Orchideenarten hinsichtlich ihrer weiteren Entwicklung: Ein Großteil bildet grüne Blätter aus und kann sich durch Photosynthese fortan selbst ernähren - ist also autotroph. Manche Orchideenarten, etwa die Korallenwurz (Corallorrhiza trifida), bleiben jedoch aufgrund des fehlenden oder nur in unzureichenden Mengen vorhandenen Chlorophylls ihr Leben lang teilweise oder sogar völlig von der Symbiose mit Pilzen abhängig. Sie werden als myko-heterotroph bezeichnet.

Neue Techniken der Isotopenanalyse

Zentral für die Klassifikation von Orchideenarten als autotroph oder myko-heterotroph ist Ermittlung der Anteile von Stickstoff- und der Kohlenstoff-Isotopen - in den Keimlingen wie in den ausgewachsenen Pflanzen. Die Versorgung mit Kohlenstoff und Stickstoff durch Pilze führt zu einer Anreicherung an schweren Isotopen in den Orchideen, während diese Isotope bei einer autotrophen Lebensweise weniger häufig vorkommen.

Den Bayreuther Forschern gelang es, neue Techniken der Isotopenanalyse zu entwickeln, die sehr exakt auf einzelne Orchideenkeimlinge angewendet werden können. Ihre Untersuchungen an Orchideenarten, die bislang als teilweise oder als vollständig myko-heterotroph gelten, bestätigten im wesentlichen bisherige Annahmen. Denn die Häufigkeit der Stickstoff- und Kohlenstoffisotope13C und 15N war in den Keimlingen dieser beiden Gruppen gleich.

Überrraschendes Ergebnis

Überrascht waren die Wissenschafter jedoch von den Untersuchungen an bisher als auttroph eingestuften Orchideenarten: Deren Keimlinge erhalten ihre Nährstoffe von ganz anderen Pilzen als die Keimlinge der teilweise oder vollständig mykoheterotrophen Orchideen. Es stellte sich heraus, dass die schweren Isotopen in den Keimlingen dieser Orchideen deutlich weniger häufig vorkommen. Die Forscher fanden zudem heraus, dass diese Isotopenhäufigkeitsmuster sich bis zum 'Erwachsenenalter' der Pflanzen kaum verändern.

"Folglich bieten diese Ergebnisse keine hinreichende Grundlage mehr für die landläufige Annahme, diese grünen Orchideen würden sich eines Tages von der Versorgung durch Pilze emanzipieren und völlig autotroph werden", so Studienleiter Gerhard Gebauer. (red, derStandard.at., 13.2.2014)