Bild nicht mehr verfügbar.

Am dritten Jahrestag des Ausbruchs der Proteste gegen Präsident Ali Abdullah ­Saleh, der im Februar 2012 abtrat, wurde in Sanaa groß begangen. Auf den Jemen wartet ein neues ­Staatsmodell.

Foto: Reuters
Graphik: STANDARD

Sanaa/Wien – Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi wählte den dritten Jahrestag des Ausbruchs der Proteste, die seinen Vorgänger Ali Abdullah Saleh 2012 zum Rücktritt zwangen, um das Modell des neuen Jemen bekanntzumachen: Der Staat soll die Form einer aus sechs Regionen bestehende Föderation haben, was die bis 1990 bestehende historische Zweiteilung, die auch nach dem Bürgerkrieg 1994 nicht überwunden werden konnte, sublimieren soll.

Dieses Modell soll in der Verfassung verankert werden, die erst geschrieben werden muss: Das soll bis Ende des Jahres geschehen. Die Verspätung zum ursprünglichen Transitionsfahrplan beträgt ein Jahr: Hadi war im Februar 2012 als Übergangspräsident für zwei Jahre gewählt worden, seine Amtszeit wurde zu Jahresbeginn 2014 um ein Jahr verlängert.

Die sechs Regionen werden aus existierenden Verwaltungsbezirken zusammengesetzt: zwei Regionen im alten Südjemen, vier im Norden. Die Hauptstadt Sanaa liegt zwar in der Region Azal, ist jedoch eine Bundeshauptstadt, die keiner regionalen Autorität untersteht. Ein Sonderstatus ist auch für die südliche Hafenstadt Aden vorgesehen.

Die Entscheidung ist, so wie sich die Ankündigung Hadis anhörte, mehr oder weniger in Stein gemeißelt: Das heißt, die Regionalisierung wird nicht das Ergebnis eines demokratischen lokalen Prozesses, sondern eines von den politischen Eliten akkordierten Wegs sein. In den vergangenen Monaten versuchte die "Nationale Dialogkonferenz"  alle jemenitischen Gruppen – die sehr oft lokale Partikularinteressen vertreten – zu einem Konsens zu bringen. Das größte Problem waren die sezessionistischen Tendenzen im Süden, weiters der Aufstand einer schiitischen Minderheit (Zaiditen) im Norden, Letzteres ein ausgewachsener Krieg, der auch in den vergangenen Wochen unvermindert fortgeführt wurde.

Die Illusion, dass mit der Sechs-Regionen-Lösung die Bedürfnisse der unter Marginalisierungsproblemen leidenden Peripherie des schwachen Staats Jemen auf einen Schlag ausgeräumt würden, wäre verfehlt. Die radikalen Ränder der Aufstandsbewegungen meldeten sich bereits am Tag zwei zu Wort. Vertreter der Huthis – Huthi ist der Name des zaiditischen Clans, der 2004 den Aufstand startete – äußerten sich unzufrieden damit, dass sie in der vertikal angelegten Region Azal mit Verwaltungsbezirken zusammengeschlossen werden, mit denen sie sich historisch weniger verbunden fühlen als mit anderen, wie Jawf im Osten und Hajja im Westen – das auch einen Zugang zum Roten Meer hat. Die Absicht – die Neutralisierung des rebellischen Saada – ist klar, die Region Azal hat auch eine viel kürzere Grenze zu Saudi-Arabien als eine horizontal angelegte Region.

Auch aus dem Süden, von den Sezessionisten der Hirak, kommt Kritik. Aden und Hadramaut zu Regionen zu machen, kann historisch argumentiert werden. Aber im Süden sieht man, dass der Norden nummerisch gleich zwei Mal im Vorteil ist: bei der Anzahl der Regionen und was die Bevölkerungszahlen anbelangt. Wirklich aufgehoben wurde das Nord-Süd-Gefälle aus dieser Perspektive jedenfalls nicht.

Alles hängt nun von der Implementierung – abgesehen von anderen Schritten zur Stabilisierung des Jemen – ab. Die große Crux ist die gerechte Verteilung der spärlichen Einkommen des gesamten Jemen: Denn ein Argument gegen das Modell ist, dass es reichere und ärmere Regionen geben wird. Das heißt, es ist wichtig, dass dem Bundesstaat in der Verfassung dementsprechende Verpflichtungen, aber auch genügend Macht gegeben wird, die Ressourcen des Landes allen nutzbar zu machen. Sonst ist die Regionalisierung kontraproduktiv. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 13.2.2014)