Mit der Gestaltung des Spa im Tschuggen Grand Hotel setzte der Schweizer Architekt Mario Botta die Segel für eine neue Gattung luxuriöser alpiner Skiresorts.

Foto: Tschuggen Grand Hotel Arosa

Das golden beleuchtete Hotel The Chedi im nächtlichen Andermatter Dorfzentrum

The Chedi Andermatt

Ein güldenes Fassendendetail des Intercontinental in Davos

Intercontinental Davos

Die zurückhaltende Außenhaut des Nira Alpina mit Neon Beschriftung in Surlej

Stefan Rambow

Skifahren ist Luxus, heißt es: Ausrüstung, Liftkarten und das ganze Drumherum sind schon derart kostspielig, dass sich viele diese Freizeitaktivität nicht mehr leisten können oder wollen. Aber ist Skifahren, respektive der Skiurlaub, dadurch auch luxuriös? Wo Wintersportorte gezielt auf finanzstarke Gäste setzten und mit gut gestalteten Hotels locken, entstehen zumindest so etwas wie neue Komfortzonen an der Piste.

Im Schweizer Bergdorf Andermatt im Norden des Gotthardmassivs will etwa der ägyptische Investor Samih Sawiris gerade das größte Edel-Skiresort der Alpen errichten: sechs Hotels auf Vier- und Fünf-Sterne-Niveau, dazu 500 Appartements und 25 Ferienvillen, die Erweiterung des lokalen Skigebiets ist für die Saison 2016/17 in Aussicht gestellt. Ende Dezember 2013 wurde mit dem Hotel The Chedi Andermatt das Leitprojekt dieses Mega-Vorhabens eröffnet. Dieses und einige weitere Schweizer Häuser lassen jedenfalls eindeutig einen (Ski-)Hang zum Luxus erkennen.

Im Kern ein Dorf

Die Planungsvorgabe an Architekt und Designer Jean-Michel Gathy für den Bau des The Chedi Andermatt klang einfach: die Standards möglichst hoch setzen. Das Ergebnis schaut nun aus wie ein überdimensioniertes Schweizer Chalet mit vorgesetztem Holzlamellen-Raster. In Grundstruktur und Materialien der traditionellen lokalen Architektur verhaftet, entspricht die Ausdehnung des Resorts aber fast dem ursprünglichen mittelalterlichen Dorfkern. Überraschend: Der Riesenkomplex wirkt dennoch nicht fehl am Platz.

Im Inneren des Hauptgebäudes fächert sich die Lobby zum Loungebereich auf. Alpine Musts wie lodernde Kaminfeuer und Wolldecken wurden hier mit asiatischer Eleganz - dem Markenzeichen des Hotelbetreibers GHM - kombiniert. Gepflegtes Lümmeln in beleuchtete Klubgarnituren mit fellbezogenen Polstern und Ledersesseln sollte da nicht allzu schwer fallen. Aber das konzentrierte Lesen? Bei den sogenannten "Bibliotheken" handelt es sich jedenfalls um Bereiche mit einem begehbaren Zigarren-Humidor und wandhohen Weinkühlschränken.

Eine Glaswand öffnet die Sicht auf den türkisgrün leuchtenden 35 Meter langen Indoor-Pool, der von Sofas und Tagesbetten gesäumt wird. Die Schwimmer im Badedress scheint der direkte Blickkontakt zu den Gästen in Abendgarderobe jedenfalls nicht zu stören. Bestimmt kamen sie schon aus den Saunen, Dampf- und Solebädern so tiefenentspannt hierher. Wobei es im The Chedi Andermatt bereits in der Früh beim allgemeinen Aufbruch ins Skivergnügen ausnehmend stressfrei zugeht.

Sogenannte Skibutler kümmern sich nämlich um die Sportausrüstung der Hotelgäste, trocknen deren Kleider und Schuhe, schleifen Skikanten und bessern Beläge aus. Wer keine eigenen Skier hat, wird im Shop eines Sportgeräteherstellers, der hier Kooperationspartner ist, beraten und oder gleich mit Devotionalien ausgestattet. Der Skibutler verlädt dann die Skiausrüstung in die Hotellimousine und fährt an der Gondel-Talstation des Gemsstocks vor, wo er seine Klientel auf Abruf wieder standesgemäß abholt.

Goldblase aus der Zukunft

Zauber-Ei, Ufo, Luxusliner: Das in Champagnergold schimmernde Bauwerk oberhalb des Davosersees weckt seltsame Assoziationen. Das Team des Münchner Architekturbüros Oikios gestaltete das im Dezember 2013 eröffnete InterContinental Davos ausnehmend futuristisch - und damit als ein mögliches neues Wahrzeichen, so das Kalkül. Beim Näherkommen wandelt sich die Eiform zu einer Kaskade goldglänzender Wellen. 790 beschichtete Aluminium-Paneele verbinden sich zu einer komplexen Gebäudehülle - jedes Fassadenbauteil ist ein Unikat.

Trotz seines metallischen Äußeren reflektiert das Haus die alpine Umgebung - über die im Gebäudeinneren verwendeten Hauptelemente Holz und Stein, aber auch über zahlreiche charmant-skurrile Details. So empfängt den Gast in der Lobby ein Sternenhimmel aus 1600 einzelnen Lämpchen, Schneeflocken aus gerostetem Stahl an der Wand wiederholen sich als Muster auf der Tapete.

"Mit den Augen essen" soll man in der obersten Etage können: Designer Henry Chebaane hat dort das Restaurant Studio Grigio als eine Art Kunstgalerie gestaltet. In Skulpturen übertragene Albrecht-Dürer-Hasen und Steinböcke im Stil japanischer Mangas holen die alpine Fauna herein. Denn wohl nur Glückspilze erleben deren lebendige Vertreter tatsächlich in natura - etwa während einer Schneeschuhtour im benachbarten Sertigtal oder gar beim Langlaufen - das Haus liegt jedenfalls direkt neben einer Loipe.

Hang zum Drive-in

Einen besonderen Schmäh mit Designfaktor bietet seit November 2011 auch das Nira Alpina in Surlej, nur fünf Kilometer vom mondänen Sankt Moritz entfernt. Es ist das einzige sogenannte Ski-in-Ski-out-Resort im Engadin, was bedeutet: Durch einen eigenen Verbindungsgang gelangt man zur Einstiegsebene der Gondelbahn, die auf den 3300 Meter hohen Piz Corvatsch mit seinen roten und schwarzen Pisten führt.

Das Gebäude selbst fügt sich terrassenförmig in den Hang, Panoramafenster öffnen den Blick von jedem Zimmer auf den Silvaplanersee. Architekt Guido Tschvor kombinierte im Hausinneren natürliche Materialien mit Kunstobjekten zu einem entstaubten Schweizer Alpenstil.

Venezianischer Stuck, eigene Gondeln

Extravagante Verspieltheit leistet sich das Tschuggen Grand Hotel Arosa mit Carlo Rampazzi als Interior Designer. Dessen Handschrift lässt sich gut an Materialien wie venezianischem Stuck, üppiger Majolika-Keramik oder handbemalten Tapeten ablesen, die er mit Vintage-Mobiliar und Eigenkreationen kombiniert.

Bekannt ist das Hotel aber vor allem wegen der mit dem Haupthaus verbundenen Tschuggen Bergoase - einem Spa, dem Architekt Mario Botta ikonische gläserne Segel oder Flügel verlieh. Und ebenfalls herumgesprochen dürfte sich die Existenz des Tschuggen Express haben: Als einziges Hotel in der Schweiz bringt das Grand Hotel seine Gäste mit hauseigenen Gondeln auf den Skiberg. (Gabriela Beck, Rondo, DER STANDARD, 14.2.2014)