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Das Ohr vor dem ORF-Funkhaus in der Wiener Argentinierstraße.

Foto: APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH

Der Betriebsrat protestiert, die ORF-Belegschaft geht auf die Barrikaden: Dem traditionellen ORF-Haus in der Wiener innerstädtischen Argentinierstraße droht das Aus. Begründung: Sparmaßnahmen und entsprechende hausinterne Synergieeffekte. Kommando ab in das ORF-Schlachtschiff am zentrumsfernen Küniglberg. In jeder Hinsicht kein gutes Signal in Sachen ehrlich praktizierter Medienfreiheit

Warum? Auch Medienfreiheit braucht historische Ankerplätze, im so genannten Guten wie auch in ebensolchem Bedenklichen.

Gibt der ORF das Radio-Kulturhaus auf, macht er sich selbst geschichtslos. Passen wir nicht auf, geht auch dieses inzwischen noch einzig verbliebene, historisch relevante Mediengebäude Österreichs im Dienste schnöden Mammons flöten.

Urzelle des heutigen ORF

Das Funkhaus Wien, das Radio-Kulturhaus, ist eine der Urzellen des heutigen ORF, entworfen von dem legendären Architekten Clemens Holzmeister, später erweitert von Gustav Peichl. Es ist eine traditionelle Schaltstelle reflektierter Information. Einzig vermeintlicher Makel: Baubeginn war 1935 während der austrofaschistischen Diktatur, also ein Jahr nach dem Bürgerkrieg.  Doch auch das ist Teil nicht leichtfertig wegzuwischender österreichischer Geschichte.

Was das mit heutiger Medienfreiheit zu tun hat? Sehr viel, zumal in der steten Erinnerung an den damaligen Kampf um Medienfreiheit. Auch im heutigen, inzwischen demokratisch abgefederten Wohlfühlland Österreich. Sicher, man könnte später eine Gedenktafel anbringen. Sozusagen als endgültiges, archivarisches Einstauben und als kleine, unscheinbare Erinnerung an andere Zeiten. Auch an die nach 1945. Weg mit dem alten Zinnober.

Alternative Organisationsschemata

Man könnte aber auch über alternative, interne Organisationsschemata nachdenken. Wie wäre es, wenn das bisherige Radio-Kulturhaus in der Argentinierstraße das multimediale News-Zentrum  des ORF würde? Vielleicht könnten so sogar die Kosten des Stadtstudios eingespart werden. Vorstellbar ist auch, die exklusiv für ORFler wohlfeil angebotenen, betriebseigenen Wohnungen gegenüber dem Funkhaus zu Verwaltungsräumen umzufunktionieren. Die Redaktionen semiaktueller oder Langzeit- Redaktionen könnten ihren Standort tatsächlich auf dem Küniglberg finden. Dort droben über dem Schloss Schönbrunn, weit weg vom städtischen Geschehen, dafür unter der direkten Obhut des Generaldirektors und dessen Finanzbosses. Der könnte dann den Rest des dortigen Gebäudekomplexes vermieten. Dann käme vielleicht auch ein zusätzlicher, frischer Wind in die grauen Betonmauern.

Bunkerstimmung

Aus eigener Erfahrung kenne ich die dortige Bunkerstimmung - böse Stimmen sprechen sogar von einer geschlossenen Anstalt. Weit und breit kein Beisl, keine Kommunikation mit dem so genannten Volk, also betriebsfernen Menschen. Bleiben also nur wenige Betätigungs-Möglichkeiten: vor sich hinarbeiten, im hausgemachten Saft schmoren oder halt intrigieren.

Im heutigen Funkhaus  bliebe dann sogar auch der schöne, große Senderaum erhalten. Man stelle sich vor, in die Argentinierstraße 30a zöge gar eine private Wellness-Klinik ein und die Bühne des Senderaums würde ein Fitness-Tummelplatz.  Sind solche Gedanken überhaupt erlaubt? Keine Ahnung. Warum eigentlich nicht? (Rubina Möhring, derStandard.at, 11.2.2014)