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Wie Schwerverbrecher wurden Prostituierte und Hotelbetreiber vor die Kameras gezerrt. Der Erfolg der Razzia wurde umgehend im Fernsehen dokumentiert.

Foto: REUTERS/Stringer

Pekinger Journalisten des Staatssenders CCTV spielten Undercoverreporter. In der Großstadt Dongguan suchten sie luxuriöse Hotels auf und baten um den besonderen Service des Hauses. Darauf wurden sie zu illustren "Schönheitswettbewerben" eingeladen. Elegante Models stolzierten mit teuren Handtaschen über die Bühne, stellten sich vor, sagten, aus welcher Provinz sie stammen, und nannten dann Zahlen wie etwa "700".

Der Manager des "Royal Club" im Sheraton Dongguan Hotel erklärte: Die Dame stünde für 700 Yuan, umgerechnet 90 Euro, zu Diensten. Der Eingang zum Royal Club führte über seine Tiefgarage. Ein Aufzug brachte die Kunden direkt zum Saunazentrum, schrieb die "Shanghai Daily".

Versteckte Kamera

In fünf Luxusherbergen und mondänen Karaokebars filmten die Reporter mit versteckter Kamera die chinesische Variante des ältesten Gewerbes der Welt. Am originellsten präsentierte es das Hotel Taizi (Crown Prince): In besonderen Zimmern standen große Spiegelwände, die ein Vorhang verdeckte. Zog der Kunde ihn auf, sah er hinter der durchsichtigen Scheibe zwei Mädchen fast nackt tanzen. Schloss er ihn wieder, war das ein Zeichen für die Vortänzerinnen zum Wechseln. Am Ende bestellte er sich seine Ausgewählte nach ihrer Nummer. Keiner der Betreiber hätte ein Eingreifen der örtlichen Polizei befürchtet, hieß es im Film.

Die Pekinger "Global Times" zitierte einen Manager des Yuanfeng-Hotel. Er bekundete, sein Hotel sei eher für gewerbliche Prostitution als zur Unterbringung von Gästen da. Das Geschäft laufe so gut, dass zwei weitere Spa-Zentren bald eröffnet würden.

Daraus wird nun wohl nichts. Während die heimlich gedrehten Aufnahmen in den nationalen TV-Nachrichten gegen Sonntagmittag liefen, schwärmte die Kantoner Polizei zur Großrazzia aus. 6525 Beamte fielen über ein Dutzend Hotels, Massagesalons, Karaoke- und Saunaklubs her.

Kunden blieben verschont

Im Blitzdurchgang nahmen sie 67 Frauen und Klubbetreiber fest. Danach weiteten sie ihre Suche auf 31 Kleinstädte in der Provinz Guangdong aus. Kunden wurden offenbar nicht erwischt. Dafür wurden mehrere Polizeichefs in den Kleinstädten, die gegen die grassierende Prostitution nie eingeschritten waren, suspendiert.

Sechs Wochen nach einer ähnlichen Großrazzia von 3000 Kantoner Polizisten gegen Drogenkriminalität steht nun der Kampf gegen die käufliche Liebe auf der Tagesordnung. Prostitution ist illegal in China. Von der Polizei erwischte Mädchen und Kunden werden bestraft, Ausländer manchmal für zwei Wochen eingesperrt und dann abgeschoben.

Korrupte Behörden

Das ändert nichts daran, dass der illegale Straßenstrich und Bordelle überall verbreitet sind. Korrupte Behörden schauen weg. Obwohl es keine offiziellen Zahlen gibt, berufen sich Zeitungen auf Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die ging 2004 von "rund sechs Millionen Sexarbeiterinnen" in China aus. Es gibt inzwischen erste öffentliche Rufe, die Prostitution in begrenzter Weise zu legalisieren. 2012 gewann eine der Verfechterinnen solcher Forderungen, die Abgeordnete Chi Susheng, im Parlament 30 Delegierte dafür, mit ihr einen Antrag zu stellen. Sie wollten nicht nur die Rechte von Sexarbeiterinnen schützen, sondern diese auch besser vor Krankheiten wie Aids bewahren.

Doch Pekings Justiz hält am Verbot der Prostitution grundsätzlich fest. Seit dem Amtsantritt der neuen Führung unter Parteichef Xi Jinping überzieht seine Regierung das Land mit einer Aufräumkampagne nach der anderen. Was als Feldzug gegen Korruption, Bestechlichkeit, Prasserei und Spesenmissbrauch unter Funktionären startete, weitete sich in allgemeine Antikriminalitätskampagnen aus.

Guangdongs Parteichef Hu Chunhua versprach am Montag im Fernsehen, er wolle in Dongguan mit harter Hand unter den Hotels, einschlägigen Etablissements und im Internet aufräumen. "Das war nur der Anfang", warnte die "Beijing Ribao", Pekings offizielle Tageszeitung. "Drei Zoll dickes Eis taut nicht über Nacht auf." (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, 11.2.2014)