Es hat schon unangenehmere Zeiten gegeben im Leben des Matthias Mayer. Aber auch diese trugen dazu bei, dass der Kärntner aus Afritz am See in Sotschi den großen Coup landen, sich die Goldmedaille im Abfahrtslauf nehmen und Österreich die erste nach drei Olympiaden bescheren konnte.
Im Sommer 2012 litt er an einer spät erkannten reaktiven Arthritis, einer entzündlichen Gelenkserkrankung, hervorgerufen durch eine Lebensmittelvergiftung. Er fieberte, verlor 14 Kilo, erhielt im Spital drei Wochen lang täglich fünf Infusionen. Im Oktober erst stieg er wieder ins Training ein. Und holte als Zweiter im Super-G von Kitzbühel seinen ersten von bisher zwei Podestplätzen im Weltcup. Der zweite glückte im Dezember 2013 in Lake Louise. In der Abfahrt war er vor seinem Triumph im Kaukasus nicht besser als Fünfter gewesen.
Wenn Mayer von seiner Krankheit spricht, was er nur tut, wenn er danach gefragt wird, dann spricht er von einer wichtigen Lernphase in seinem Leben. Sie erwischte ihn, als er längst Leistungssportler war. Und lehrte ihn, schon in jungen Jahren zu erkennen, dass "die Gesundheit über allem steht. Es ist arg, wenn du keine Chance hast, deinen Körper zu steuern." Er hat damals gelernt, das Leben anders zu sehen, geduldig zu sein. Mutter Margret Mayer gab die verständnisvolle Wegbegleiterin. Naturgemäß findet Matthias jetzt, dass sich das ausgezahlt hat: "Denn anscheinend kommt eh alles so, wie es sein soll."
Vater Helmut Mayer hatte ihm das Skifahren beigebracht. Der war selbst erfolgreicher Rennläufer, gewann 1988 Olympiasilber im Super-G und ein Jahr darauf WM-Silber im Riesentorlauf. Matthias Mayer ging seinen eigenen Weg in den diversen Kadern des Skiverbandes. 2006 bestritt er sein erstes internationales Skirennen, 2008 wurde er österreichischer Abfahrtsmeister, im selben Jahr brachte er von der Junioren-WM im spanischen Formigal Super-G-Silber nach Hause. 2009 maturierte Mayer am Sport-Borg in Spittal an der Drau.
Seit zwei Jahren, seit er bei der Generalprobe in Sotschi die Pisten kennenlernte, hat er einen Gesamtplan. Er setzte sich in den Kopf, Olympiasieger zu werden. Jetzt ist er es und hofft, dass sich nicht allzu viel ändern wird. Da könnte er sich täuschen. Mayer ist zuzutrauen, in Sotschi auch im Super-G der Schnellste zu sein, das ist an sich seine bessere Disziplin. "Könnte ich", sagt er, "aber das ist nicht mehr unbedingt notwendig." (Benno Zelsacher - DER STANDARD, 10.2. 2014)