Nur beim gemeinsamen Singen hapert es noch ein bisschen. Die vermummten Männer, die im Kreis sitzend mit geladenem Gewehr den Jihad beschwören, beherrschen das "Allahu akbar"-Geschrei sichtlich besser, wie ein Youtube-Video zeigt. Laut dem bosnischen Sicherheitsministeri um gingen bisher etwa 60 Männer als Freischärler nach Syrien, aus dem serbischen Sandschak, aus Albanien, Kosovo und Mazedonien waren es ebenfalls ein paar Dutzend Kämpfer.

Einige von diesen Männern sind Facebook-"Stars" geworden, wie etwa der 19-jährige Mirza Ganić aus dem serbischen Novi Pazar, der, nachdem er seine Matura gemacht hatte, nach Aleppo zog und dann eifrig seine Erlebnisse online postete. Bekannt wurde er dadurch, dass er dem bosnischen Sicherheitsminister Fahrudin Radončić, der strenge Strafen für die Freischärler vorschlug, wie auch dem serbischen Minister Rasim Ljajić drohte. Der Mann, der sich Ebu Sheheed nannte, soll Medien zufolge im Jänner ums Leben gekommen sein. Die Freischärler aus Südosteuropa verstehen sich aber ohnehin als potenzielle Märtyrer. Die Bildchen der Getöteten werden denn auch mit rosa Blümchen umkränzt ins Internet gestellt und mit pathetischen Gesängen unterlegt.

15 Jahre Haft

Auch im Kosovo hat man mittlerweile reagiert. Die Regierung will Kämpfer, die aus Syrien zurückkommen, mit bis zu 15 Jahren Haft belegen. Die Rekrutierung von Männern aus Südosteuropa für den Krieg gegen Assad in Syrien bleibt aber ein Randphänomen. "Von den Zahlen her ist das nicht signifikant" , sagt der Experte für bosnische Sicherheitspolitik Tobias Flessenkemper. "Aber in den Medien wird fast jedes Einzelschicksal verbreitet. Für die Sicherheit in Bosnien ist es aber irrelevant." Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit sei das Ausmaß der Rekrutierung eher gering, so Flessenkemper. "Vor hundert Jahren sind Millionen Leute schreiend in den Krieg gefahren, die viel mehr Chancen hatten."

In Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo fühlt man sich aber an die Kriege in den 1990er-Jahren erinnert, als islamistische Freischärler (etwa aus dem Jemen) hierherkamen und am Krieg teilnahmen. Mit diesen Kämpfern kam auch die salafistische Auslegung des Islam auf den Balkan. Die Gruppe der "Vehabis" in Südosteuropa ist heute nicht groß, steht aber wegen ihrer Radikalität unter strenger Beobachtung. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo /DER STANDARD, 8.2.2014)