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Freundliche Mienen in einem zunehmend ruppigen Spiel: Mit Riesenerdäpfeln aus Idaho erheiterte US-Außenminister John Kerry seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow beim jüngsten Treffen in der amerikanischen Botschaft in Paris.

Foto: Reuters / Martinez Monsivais

Versuche Barack Obamas, das Verhältnis zu Moskau auf neue Beine zu stellen, sind längst kühlem Realismus gewichen.

Debattenrunde in einem Thinktank: Andrew C. Kuchins spricht von einer Weltpremiere. Noch nie, meint der Russlandexperte des Center for Strategic & International Studies, war der Name eines Washingtoner Sportstars so eng verbunden mit dem Gastgeber Olympischer Winterspiele. "OV" , sagt Kuchins und genießt den Ahaeffekt. OV steht für Ovechkin, einen Namen, den die meisten Anhänger der Washington Capitals auf ihren Fantrikots tragen.

Alexander Owetschkin, kann man sagen, ist nicht nur der populärste Eishockeyspieler, sondern überhaupt der beliebteste Sportler der Stadt. Ein Bursche mit Lücken zwischen den Zähnen, ungewohnt im zahntechnisch hypersensiblen Amerika, ein Bild, das ihn umso mehr zum Original werden lässt. OV, der Held des Durchschnittsamerikaners. OV, der einzige Lichtblick weit und breit.

Ansonsten verging vor der Olympia-Eröffnung in Sotschi kein Tag, an dem nicht irgendeine Episode die alten Stereotype zu bestätigen schien, eine Rivalität wie zu Zeiten des Kalten Krieges. Da ist die Sache mit dem griechischen Joghurt, das für Amerikas Olympioniken im Kaukasus bestimmt ist, aber nun containerweise auf dem Flughafen Newark verkommt, weil irgendwelche Papiere fehlen. 

Die russischen Behörden sollten endlich aufhören, immer nur Njet zu sagen, grantelt der New Yorker Demokrat Chuck Schumer, ein politisches Schwergewicht im Senat. Da ist die Medienwarnung an die eigenen Athleten, nur wenn unbedingt nötig in der Mannschaftskleidung auf die Straße zu gehen. Da ist das Hickhack um die Frage, ob die US-Flotte Schiffe näher an die östliche Schwarzmeerküste entsenden soll, um bei Gefahren eingreifen zu können. 

Wäre es nach Barack Obamas ursprünglichen Plänen gegangen, wäre das Eis längst getaut. Kurz nach Amtsantritt entsandte der Präsident seine Außenministerin Hillary Clinton nach Genf, auf dass sie mit ihrem Kollegen Sergej Lawrow einen symbolischen Neustart versuche. Peinlich nur: Der Reset-Knopf, den Clinton feierlich überreichte, war falsch beschriftet, mit dem russischen Wort für Überlastung.

Argumente gehen ins Leere

Damals setzte Obama seine Hoffnungen in Dmitri Medwedjew, dem Putin für eine Übergangsphase sein Amt überlassen hatte. Wie gründlich sich die Fronten verhärteten, als die Nummer eins an die protokollarische Spitze zurückkehrte, machte 2013 eine Szene beim G-8-Gipfel in Nordirland deutlich: Obama und Putin beim Fototermin, jeder bemüht, gelangweilt und missmutig dreinzuschauen. In einem neuen Buch zitiert Angela Stent, Politikprofessorin an der Georgetown University, Putin mit den endgültig klingenden Worten: "Ich stimme seinen Argumenten nicht zu, und er stimmt meinen nicht zu."  

Auch als es mit Medwedjew noch nach Entspannung aussah, schreibt Stent, änderte es nichts an den Differenzen auf der Weltbühne: im Machtkampf in Libyen wie im syrischen Bürgerkrieg. Ähnliches gilt für die Konfliktherde Georgien und die Ukraine und den Streit um die Raketenabwehr, der womöglich nur vorübergehend auf Sparflamme köchelt. 

Dass Edward Snowden ausgerechnet in Russland Asyl erhielt, kritisieren selbst liberale US-Senatoren. Bemerkenswert ist aber auch, was Angela Stent dem politischen Washington für den Umgang mit Moskau empfiehlt. Russische Politiker, argumentiert sie, erwarteten keine Zustimmung von den Amerikanern, wohl aber Respekt. Hätten frühere Hausherren im Oval Office den Russen nach dem Zerfall der Sowjetunion signalisiert, dass deren Wort noch immer zähle in der Welt – manches Spannungsfeld hätte sich vielleicht einfacher managen lassen. (Frank Herrmann aus Washington /DER STANDARD, 7.2.2014)