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Als bestes Resultat kann Shiva Keshavan Rang 25 bei den Spielen von Turin 2006 aufweisen. In Sotschi rodelt der Inder zum fünften Mal olympisch. Wegen eines Korruptionsskandals in seinem Heimatland darf er diesmal nicht unter seinen Farben antreten.

Foto: REUTERS/Arnd Wiegmann

Sotschi - Shiva Keshavan kennt das Spektakel der Eröffnungsfeiern Olympischer Winterspiele. Der Rodler aus dem Himalaya ist bereits viermal bei den Auftaktzeremonien mitmarschiert, zweimal als einziger Athlet Indiens. Wenn Keshavan Freitag Abend in Sotschi den Beginn seiner fünften Spiele erlebt, dürfte sich jedoch auch Frustration in seine Gefühlslage mischen - denn die orange-weiß-grüne Flagge seines Heimatlandes wird im Fischt-Olympiastadion am Schwarzen Meer nicht zu sehen sein.

Als Folge einer Korruptionsaffäre war das Nationale Olympische Komitee Indiens (IOA) Anfang Dezember 2012 vom IOC ausgeschlossen worden. Die IOA hatte an der Wahl von Lalit Bhanot zum Generalsekretär festgehalten, obwohl dieser 2010 wegen Korruption zu einer elfmonatigen Haftstrafe verurteilt worden war. Unter dem angedrohten Olympia-Ausschluss beschloss die IOA schließlich im Dezember 2013, ihre Satzung zu ändern und sich von vorbestraften Amtsträgern zu trennen.

So können Keshavan, der alpine Skirennläufer Himanshu Thakur und Skilangläufer Nadeem Iqbal in Sotschi antreten - allerdings nur als "unabhängige Athleten" unter der olympischen Flagge. "Es ist eine traurige und peinliche Situation. Die Menschen auf der ganzen Welt wissen nun von dem Scheitern und der Korruption in unserem System", sagte Keshavan. Der 32-Jährige fühlt sich im Stich gelassen. Die Reformen der IOA gingen dem IOC nicht weit genug. Das Internationale Olympische Komitee forderte Neuwahlen bis zum Beginn der Spiele, geplant sind sie aber erst für Sonntag und damit zu spät für das Trio. Doch Rodel-Exot Keshavan ist Patriot, seine Landsleute will der Sohn einer italienischen Mutter und eines indischen Vaters auch ohne nationale Teamkleidung bestmöglich repräsentieren. "Jeden Tag werde ich mit Nachrichten von Indern aus aller Welt überhäuft. Das ist für mich Antrieb genug", sagte Keshavan, der nach eigenen Angaben 2002 ein Angebot der italienischen Mannschaft erhielt und dankend ablehnte: "Ich liebe mein Land und mein Volk. Ich werde das Beste für sie aus mir herausholen."

Holpriges Training

Sein Traum von einer Medaille wird sich für Keshavan jedenfalls nicht erfüllen. Im Wintersport-Entwicklungsland Indien sind Rodelbahnen nicht existent, häufig trainiert er mit einem Schlitten auf Rädern auf den holprigen Straßen in den Ausläufern des Himalaya. Dennoch steht der wohl populärste Wintersportler seines Landes besser da als seine für Sotschi qualifizierten Teamkollegen. So finanziert etwa ein Sponsor Keshavans Fahrten durch den Eiskanal in Russland. Thakur und Igbal waren dagegen auf eine Finanzspritze der Regierung von rund 12.000 Euro angewiesen, um Materialkosten zu decken.

In einem neutralen Dress wird sich das Trio bei der Eröffnungsfeier am Freitag gleichen. Keshavan will dennoch nicht gänzlich auf ein Symbol seiner Heimat verzichten - und mit einer in den Farben seines Dorfes gehaltenen Kappe eine Grußbotschaft nach Indien schicken. (sid, red, DER STANDARD, 7.2.2014)