In Silicon Valley, der Region südlich von San Francisco, sind die meisten der heutigen IT-Giganten entstanden. Auch immer mehr österreichische Firmen suchen hier eine Präsenz.

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Maximilian Kamenar ist ein Hobbymusiker mit einer guten Idee. Gemeinsam mit dem Tontechniker Herbert Praxmerer hat er den Prototyp für eine Online-Plattform entwickelt, die es Musikern erlaubt, Musikaufnahmen statt im Tonstudio im Internet auf Master-Qualität zu bringen. Erfolg und Misserfolg solcher Start-ups hängen vor allem von der Fähigkeit ab, das Produkt auch flächendeckend zu vermarkten. Deshalb verbringen die beiden Jungunternehmer drei Monate in einem Innovationszentrum im kalifornischen Silicon Valley, wo sie Kontakte knüpfen, Ideen austauschen und bei Seminaren und anderen Veranstaltungen über die Eigenheiten des größten Hightech-Marktes der Welt lernen.

Erste Gehversuche von Dropbox und Paypal

NestGSV heißt die typisch kalifornische Einrichtung, wo sich Kamenar und Praxmerer von Kaliforniens Unternehmergeist anstecken lassen wollen. In einem weitläufigen Pavillon, umgeben von Bäumen, sitzen junge Menschen aus aller Welt in offenen Räumen vor ihren Computern, plaudern in den Gängen oder genießen das Fitnessstudio, das NestGSV bietet.

GSV steht für Global Silicon Valley. Gründer Kayvan Baroumand versucht ganz bewusst, den Geist dieses Landstrichs, der die wichtigsten Technologiekonzerne der USA hervorgebracht hat, weltweit zu verbreiten. Dafür bietet er seine Dienste ausländischen Partnern an, etwa der Wirtschaftskammer Österreich, die ihm dieses Jahr zehn Jungunternehmerteams schickt und dafür eine Pauschale von je 5.000 Dollar (3.700 Euro) zahlt. Weitere zehn haben sich heuer bei Plug and Play eingenistet, einem schon länger etablierten sogenannten Accelerator, an dem Baroumand früher beteiligt war. Dort haben auch Paypal und Dropbox erste Gehversuche gemacht.

Vier erfolgreiche Exits

Unter den bisher 61 österreichischen Firmen, die seit 2009 das Programm "Go Silicon Valley" durchlaufen haben, gab es bereits vier erfolgreiche Exits - also Finanzierungen oder Verkäufe. Darunter waren der Dienstleister Lixto, den McKinsey erworben hat, und Solvedirect, das von Cisco geschnappt wurde.

Manche Österreicher bleiben nach der dreimonatigen Schulung in Kalifornien, so etwa Silke Telsnig, die Marketingchefin der Klagenfurter IT-Firma Stratodesk, die virtuelle Desktop-Lösungen anbietet. Ihre Entwickler sitzen in Kärnten, wo die Lohnkosten deutlich niedriger sind als in Kalifornien, aber "verkaufen lässt sich von hier aus viel leichter", sagt Telsnig. Andere kehren nach Österreich zurück mit der Erkenntnis, dass der US-Markt eine Schuhnummer zu groß ist für sie.

120.000 Euro im Jahr

Die Wirtschaftskammer nimmt für die Silicon-Valley-Schnupperkurse 120.000 Euro im Jahr in die Hand. Eine sinnvolle Investition, sagt Kammerpräsident Christoph Leitl, der Kalifornien im Rahmen einer "Zukunftsreise" vergangene Woche besucht hat. Er wünscht, dass etwas vom US-Unternehmergeist nach Österreich überschwappt, und lobt besonders die geringen Auflagen bei Firmengründungen, die durch die Zurücknahme der GmbH light in Österreich gerade wieder verschärft worden seien.

Dass aber auch in Kalifornien nicht nur eitel Wonne herrscht, machte Vizegouverneur Gavin Newsom in einem spannenden Vortrag klar. Wachsende Ungleichheit sowie sinkende Ausgaben für Bildung und Infrastruktur hätten das einstige Wirtschaftswunder schwer beschädigt. Und die neuen Technologien, die in Silicon Valley entwickelt würden, könnten in Zukunft mehr Jobs zerstören als schaffen. "Wenn Globalisierung sich mit IT vereint, dann macht mir das Angst", sagte er. Doch die Lösung könnte nur mehr Innovation und Reformwillen sein, und nicht weniger. (Eric Frey aus San Francisco, Der Standard, 6.2.2014)