Soja statt Baumwolle ist für wenige Bauern im Zentralraum Indiens ein vollwertiger Ersatz für die Einbrüche bei der Baumwolle.

Foto: Isabell Zipfel

Das Geschäft mit der Baumwolle ist aber keines mehr.

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Darum schreitet die Verelendung voran.

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Die Selbstmordrate in der Region gehört zu den höchsten in Indien.

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Neu-Delhi - Die Idylle trügt, von der Baumwolle können die wenigsten Bewohner der Region Vidarbha im indischen Bundesstaat Maharashtra noch leben. Einst bekannt für den reichhaltigen Ernteertrag, ist dieser Flecken Erde zur Region geworden, die die meisten Baumwollbauern Indiens in den Tod treibt. Gut 200.000 Baumwollbauern haben sich im Lauf des vergangenen Jahrzehnts im Bundesstaat Maharashtra das Leben genommen - 70 Prozent davon in der Region Vidarbha.

Schuld daran sind unter anderem sinkende Ernteerträge und eine nach unten gerichtete Preisspirale. Dabei ist der Selbstmord der Baumwollbauern nur ein Symptom für den Überlebenskampf, dem sich die indischen Baumwollbauern gegenübersehen.

Preisdumping und Preisverfall

Denn Baumwolle, einst noch als weißes Gold bezeichnet, wird immer mehr zum Synonym für Preisdumping und Preisverfall. Auf Drängen der Welthandelsorganisation WTO lässt Indien seit 1998 den Import von Baumwolle zu. Seitdem fallen die Preise. Zudem hat sich Indien aus dem staatlichen Ankauf von Baumwolle zurückgezogen. Ab 1970 hatte der indische Staat den Baumwollproduzenten noch einen vom Weltmarkt unabhängigen Preis garantiert. 1998 war Schluss damit.

Zudem wurde 2002 genmanipulierte BT-Baumwolle zugelassen. BT-Baumwollsaatgut ist teuer: 1900 Rupien kostet ein Kilo. Traditionelles Saatgut ist um 200 Rupien zu haben. BT-Baumwollsaatgut muss jedes Jahr neu gekauft werden, während das traditionelle wiederverwendet werden konnte. Außerdem erfordert BT-Baumwolle einen viel höheren Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln. Das treibt die Produktionskosten extrem in die Höhe.

Fehlende Bewässerung

Der Einsatz von BT-Baumwolle hat dazu geführt, dass die Produktionskosten auf das Zehnfache gestiegen sind und der Ernteertrag gleichzeitig geschmälert wurde. Ursachen dafür gibt es viele. Die wichtigste Ursache für den dramatischen Ernterückgang liegt im nicht vorhandenen Bewässerungssystem - 90 Prozent aller Felder sind vom Regen abhängig. Zudem wurden mit der genmanipulierten BT-Baumwolle neue, in Indien bisher unbekannte Schädlinge wie die Schmierlaus eingeführt, die ganze Felder zerstört.

Seit 2002 ist der Anbau von BT-Baumwolle in Indien stetig gestiegen. Waren es 2002 noch 50.000 Hektar, ist die Anbaufläche 2011 auf mehr als 12,1 Millionen Hektar gestiegen. Damit zählt Indien zu den Ländern mit der größten Anbaufläche von BT-Baumwolle, noch vor China.

Machen die Baumwollbauern weiterhin Verluste - und dafür spricht einiges -, dann verliert Indien seine Bauern. Das dürfte verheerende Folgen für den Subkontinent haben, der zu 60 Prozent landwirtschaftlich geprägt ist. (Isabell Zipfel, DER STANDARD, 6.2.2014)