Wien - Der Prozess gegen Ex-Innenminister Ernst Strasser wird ab 4. März im Wiener Straflandesgericht wiederholt. Das gab Gerichtssprecher Andreas Hautz am Mittwoch auf APA-Anfrage bekannt. Die zweite Verhandlung in der sogenannten Lobbyisten-Affäre, über die Strasser als ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament gestolpert war, verdankt sich einer umstrittenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH).

Aufhebung wegen Formalfehlers

Der OGH hatte im vergangenen November das Ersturteil - vier Jahre Haft wegen Bestechlichkeit - wegen eines Formalfehlers aufgehoben und zurück an die erste Instanz verwiesen. Nach Dafürhalten des zuständigen Berufungssenats unter Vorsitz von OGH-Präsident Eckart Ratz hatte sich das Erstgericht in der Urteilsbegründung nicht hinreichend genug mit der Frage auseinandergesetzt, ob Strasser die 100.000 Euro, die er für seine Einflussnahme auf die EU-Gesetzgebung gefordert haben soll, mit einem Amtsgeschäft in Verbindung brachte.

Hintergrund: Die bloße Bestechlichkeit eines Amtsträgers ist in Österreich erst seit 1. Jänner 2013 strafbar. Im für Strasser maßgeblichen Zeitraum Ende 2010/Anfang 2011 wäre für eine Strafbarkeit ein konkreter Bezug zwischen einer - geforderten oder geflossenen - Schmiergeldzahlung sowie einem bestimmten Amtsgeschäft erforderlich gewesen. Der OGH vermisste dahin gehend im ersten Rechtsgang eine entsprechende Beweiswürdigung.

Zugleich hatte Ratz im Rahmen des Gerichtstags, an dessen Ende das Strasser-Urteil aufgehoben wurde, die Ansicht vertreten, die neue Verhandlung könnte "schnell erledigt" werden. Es müsse die Beweislage nur mehr auf einen unmittelbaren Konnex zwischen dem von Strasser geforderten Vermögensvorteil und zwei EU-Richtlinien betreffend Anlegerschutz und die Entsorgung von Elektroschrott abgeklopft werden, zu denen Strasser Abänderungsanträge in Aussicht gestellt haben soll.

Karas als Zeuge

Richterin Helene Gnida, die Vorsitzende des Schöffensenats im zweiten Rechtsgang, will aber offenbar keinen "kurzen Prozess" veranstalten. Sie hat vorerst drei Verhandlungstage anberaumt. Als Zeugen sind unter anderem Othmar Karas, mittlerweile Leiter der ÖVP-Delegation in Brüssel und Spitzenkandidat der ÖVP bei den bevorstehenden Wahlen zum Europaparlament, sowie jene beiden britischen Journalisten geladen, denen Strasser auf den Leim gegangen war. Zusätzlich hat Gnida zwei "Reservetage" eingeplant, falls sich die Notwendigkeit ergeben sollte, das Beweisverfahren auszudehnen. Das Urteil ist für den 12. März geplant.

Strasser hatte sich ab November 2010 auf mehrere Treffen mit zwei als Lobbyisten getarnten Journalisten eingelassen. Bei den Gesprächen - vor allem bei einem in lockerer Atmosphäre abgewickelten Abendessen - soll er sich zur entgeltlichen Einflussnahme auf die EU-Gesetzwerdung bereit erklärt haben. Die Besprechungen wurden von den Enthüllungsjournalisten, die neben Strasser auch andere EU-Parlamentarier auf ihre Bestechlichkeit "abgetestet" hatten, teilweise heimlich mitgeschnitten. Nach der Veröffentlichung der Video-Clips musste Strasser Ende März 2011 zurücktreten. (APA, 5.2.2014)