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Tausende Bewohner im Westen Englands mussten evakuiert werden. Die Wetterprognosen versprechen keine Besserung.

Foto: Reuters/Melville

Im Überschwemmungsgebiet der westenglischen Grafschaft Somerset hat am Dienstag Thronfolger Prinz Charles die Gemüter zu beruhigen versucht. Unter der Bevölkerung herrscht tiefe Verbitterung darüber, dass seit Jahresbeginn einzelne Ortschaften von der Umgebung abgeschnitten sind, zudem tausende Hektar von Agrarland überflutet bleiben. Die Londoner Regierung und die zuständige Umweltbehörde EA (Environment Agency) werden für ihr zögerliches Krisenmanagement heftig kritisiert.

Nach den schlimmsten Jänner-Niederschlägen seit Beginn zuverlässiger Aufzeichnungen (1767) gibt der Wetterbericht wenig Anlass zu Optimismus: Auch für den Rest der Woche sagen die Meteorologen Sturmböen und Regen voraus. Zu Wochenbeginn musste an vielen Landstrichen im Westen der Insel erneut der Zugverkehr eingestellt werden.

In den Grafschaften Devon und Cornwall standen vielerorts küstennahe Straßen unter Wasser. In Wales konnten der Fahrer und die Passagiere eines Busses, der durch eine Flutwelle von der Straße abgekommen war, gerade noch gerettet werden. Man habe seit Wochen mit schwierigen Bedingungen zu kämpfen, teilte EA-Chef Chris Smith der BBC mit: "Unsere oberste Priorität ist die Rettung von Menschenleben."

Wenig interessiert an Umweltthemen

Der frühere Labour-Minister Smith und sein konservativer Vorgesetzter, Umweltminister Owen Paterson, stehen aus unterschiedlichen Gründen im Kreuzfeuer der Kritik. Der Parteirechte Paterson gehört zu den Skeptikern des Klimawandels, die Prinz Charles in einer kürzlichen Rede als "Ewiggestrige" brandmarkte.

Der Minister gilt unter Fachleuten als wenig interessiert an Umweltthemen, die nicht in sein politisches Weltbild passen. Smith hingegen gehört zum klassischen Londoner Establishment, das bei der Landbevölkerung als realitätsfern gilt. Er müsse mit einem deutlich reduzierten Budget auskommen, rechtfertigt sich der Spitzenbeamte und fragt: "Was ist wichtiger beim Hochwasserschutz, Stadt oder Land, Wohnzimmer oder Felder?"

Smiths EA-Experten registrieren seit Jahren "ungewöhnliches Wetter". Das Olympiajahr 2012 beispielsweise begann mit einer schlimmen Dürre, wurde aber zum regenreichsten Jahr seit Menschengedenken. In dem eigentlich für Nieselregen bekannten Land werden starke und lang anhaltende Niederschläge immer normaler. "Wir haben es mit extremen Zuständen zu tun", analysiert EA-Meteorologe David Hudson. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 5.2.2014)