Sozialminister Rudolf Hundstorfer ist der Großbeschwichtiger vom Dienst. Ja, das Pensionsalter geht nur minimal hinauf, aber unsere Maßnahmen werden schon greifen - schau ma mal, es wird schon werden und ist eh net so arg. Dasselbe bei den Arbeitslosenzahlen, diesmal - in der ZiB 2 - aber mit einem deutlich genervten Unterton. Es wird eh schon besser, und die, die sagen, die Arbeitslosigkeit ist in Wahrheit viel höher, verstehen nix, und außerdem wird es nicht so schlimm kommen.

Muss wohl so sein bei einem sozialdemokratischen Politiker und Gewerkschafter alten Schlages (Wiener Gemeindebedienstete). Hundstorfer ist ein Fachmann und guter Politiker, kein Scharlatan und Schaumschläger, das ist schon sehr viel im heutigen Politikkontext.

Die Frage ist - und das gilt für seinen konservativen "Spiegelminister" Reinhold Mitterlehner genauso -, ob diese Art des Beschwichtigens und Bagatellisierens "nur" eine politische Taktik ist oder wirklich innere Überzeugung. Im letzteren Fall besteht Anlass zur Sorge.

Die Frage bei der Arbeitslosigkeit ist, ob sie überwiegend konjunkturell ist oder doch strukturell - einfachere Tätigkeiten finden einfach keinen Markt mehr in Europa. Geringqualifizierte haben keine Chance mehr, sagte der Leiter des AMS, Johannes Kopf, der ungefähr zeitgleich mit Hundstorfer die neuesten Arbeitslosenzahlen (450.000) kommentierte - und der deutlich pessimistischer ist als Hundstorfer, was eine baldige Besserung betrifft. Kopf spricht die nüchternen Fakten aus: Die Arbeitslosigkeit bei Menschen nur mit Pflichtschulabschluss beträgt 21 Prozent. In Wien stehen über 85.000 Arbeitslosen mit Pflichtschule rund 3500 offene Stellen in dieser Qualifikationsstufe gegenüber. Und was die Lehrlinge betrifft: Die Firmen hätten halt immer weniger Lust, sagt Kopf, junge Leute aufzunehmen, die nicht richtig lesen, schreiben, rechnen (und grüßen) können.

Auf Kolumnen dieser Art folgen meist etliche Postings, die das preisen, was wir das Attac-Zaubermittel nennen wollen: Umverteilen. Umverteilen von Arbeit (Arbeitszeit), und natürlich von Vermögen. Mit den Mitteln aus der Vermögenssteuer könnte man doch "Arbeitsplätze schaffen". Ein gewisses (noch) höheres Maß an Umverteilung wird vielleicht notwendig sein, weil es mehr Menschen gibt, die man "durchtragen" muss. Aber das schlägt in dem Moment ins Kontraproduktive um, wo sich erfolgreiches unternehmerisches Arbeiten nicht mehr lohnt oder es zu mühsam wird.

Bei manchen der heutigen sozialdemokratischen, linksalternativen und kapitalismuskritischen Eliten hat man das Gefühl, dass unternehmerische Menschen - und seien es Kleinstselbstständige - als Klassenfeind betrachtet werden. Das war nicht immer so. Bei der derzeitigen ÖVP-Führung wiederum hat man das Gefühl, dass sie zwar von "Entfesselung" der Wirtschaft redet, aber bereit ist, konkrete Verbesserungen gerade für Kleinunternehmer zu opfern. Nur damit der Neugebauer nicht bös wird.

Beides schafft kein gutes Wirtschaftsklima und auch keine Arbeitsplätze. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 5.2.2014)