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Die Influenza-Durchimpfungsrate in Österreich zählt zu den weltweit niedrigsten.

Foto: Reuters/BRIAN SNYDER

Jedes Jahr grüßt das fiebernde Murmeltier, wenn im Februar die Grippewelle anrollt. Trotzdem lassen sich immer weniger Personen gegen die Influenza immunisieren. Der Tiefststand wurde mit nur noch 621.000 verwendeten Vakzine-Dosen in der Saison 2012/2013 erreicht.

"Österreich hat in Sachen Influenza-Immunisierung eine einzigartige Position. Die Impfung wird jedem Menschen empfohlen, besonders für Personen über 50 und Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Auf der anderen Seite gehört die Immunisierungsrate in der Allgemeinbevölkerung mit weniger als zehn Prozent zu den weltweit niedrigsten", schreibt die Wiener Expertin Ursula Kunze von der MedUni Wien in der Fachzeitschrift "Vaccine". Selbst unter den Senioren sei die Durchimpfungsrate mit rund 37 Prozent niedrig.

Übertriebene Schätzungen

"In Österreich gibt es jährlich bei einer Bevölkerung von rund acht Millionen Menschen rund 350.000 bis 400.000 Influenza-Erkrankungen im Rahmen durchschnittlicher (saisonaler; Anm.) Epidemien. Wegen des schlechten Beobachtungssystems dürften die Schätzungen ungenau sein. In einer kürzlich durchgeführten Studie wurde die Zahl der jährlichen Todesfälle durch Influenza mit rund 1.000 bis 1.200 für den Zeitraum zwischen den Jahr 2001 und 2009 (15,5 Todesopfer pro 100.000 Einwohner; Anm.) berechnet", sagt Ursula Kunze.

Das wären zwar weitaus weniger als die in früheren Schätzungen genannten 6.000 Opfer durch die Influenza in einer Grippe-Saison, doch "man muss beachten, dass die meisten dieser Todesfälle verhinderbar wären", wie die Expertin betont. Die niedrigeren Zahlen sollten Kunze zufolge nicht zu der Meinung führen, dass Österreich kein Problem bei der Bekämpfung der saisonalen Influenza hätte.

"Beschämende und inakzeptable Situation"

Im zeitlichen Verlauf zeigt sich allerdings, dass die Einstellung der Österreicher zur Influenza-Impfung zunehmend von Skepsis geprägt sein dürfte: Demnach wurden 2005/2006 1,137 Millionen Impf-Dosen ausgeliefert, 2006/2007 1,174 Millionen. In der Saison 2010/2011 waren es lediglich 700.000 Dosen und 2011/2012 680.000. "2012/2013 wurden dann nur noch 621.000 Dosen Influenza-Impfstoff verimpft", verweist Ursula Kunze auf den absoluten Tiefstand seit dem Jahr 2006.

Im europäischen Vergleich dürfte die österreichische Bevölkerung ebenfalls zu den größten Impf-Skeptikern zählen: In den Niederlanden wurden beispielsweise bereits im Jahr 2009 460 Dosen Vakzine pro 1.000 Einwohner ausgeliefert. In Deutschland waren es 310. "Die aktuelle Durchimpfungsrate mit weniger als zehn Prozent ist eine beschämende und inakzeptable Situation", schreiben die Studienautoren in ihrem Artikel in der Fachzeitschrift "Vaccine".

Die Gründe dafür seien vielfältig: Die Virus-Influenza wird noch immer mit banalen grippalen Infekten verwechselt, außerdem fehle es an Maßnahmen des sozialen Marketings. Auch die Erstattung der Kosten für die Bevölkerung sei mangelhaft. Und schließlich würden sich auch die Vertreter des Gesundheitswesens nicht genügend für die Propagierung der Influenza-Impfung einsetzen beziehungsweise selbst immunisieren lassen. (APA/red, derStandard.at, 5.2.2014)