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Minister Schäuble möge schärfer gegen Steuersünder vorgehen, heißt es.

Foto: AP/Wingaert

Berlin – Nicht nur Bayernpräsident Uli Hoeneß tut es. Auch die Publizistin Alice Schwarzer und der Berliner Kulturstaatssekretär Andre Schmitz (SPD) legten ein Bekenntnis ab: Die zwei aufsehenerregenden Fälle von in der Schweiz verstecktem Vermögen lassen die Debatte über Steuerhinterziehung in Deutschland wieder kräftig hochkochen.

Die SPD will nun den Kampf gegen Steuerbetrug forcieren und fordert von Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein entschlosseneres Vorgehen. "Wenn jetzt auch Steuerhinterzieher im intellektuellen Establishment bekannt werden, deutet das auf eine viel größere Dunkelziffer hin als bisher angenommen", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann zu Spiegel Online. "Daraus folgt, dass wir die Steuerfahndung dringend intensivieren müssen. Wir wollen zudem die strafbefreiende Selbstanzeige überprüfen und gegebenenfalls ändern. Wir müssen massiv gegen Steueroasen vorgehen. Sie sind eine akute Bedrohung für Demokratien, die darauf angewiesen sind, ihr Gemeinwesen mit Steuern zu finanzieren."

Unnachgiebige Verfolgung

Oppermann forderte Schäuble zu raschem Handeln auf. "Ich erwarte, dass die Bundesregierung das Thema Steuerhinterziehung auf allen internationalen Ebenen aktiv voranbringt, wie im Koalitionsvertrag vereinbart", sagte der SPD-Politiker. "Es muss deutsche Staatsräson werden, dass die Unterstützung von deutschen Steuerhinterziehern überall unnachgiebig verfolgt wird. Kein Land und keine Bank hat das Recht, unser Gemeinwesen durch die Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu schädigen."

Der SPD-Mann wünscht sich auch verstärkten Druck auf die Schweiz. "Wir brauchen dringend den automatischen Informationsaustausch mit der Schweiz, so wie wir ihn auch mit anderen Staaten in der EU praktizieren", sagte Oppermann. "Das muss zur demokratischen Praxis werden, denn letztlich leiden alle unter Steuerhinterziehung. Deshalb müssen wir Bündnispartner gewinnen."

Noch deutlicher wurde der SPD-Finanzexperte Joachim Poß. "Die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuersünder gehört vom Tisch, weil sie Steuerhinterziehung gegenüber anderen Straftaten privilegiert", sagte der Politiker der Bild-Zeitung. Zuvor hatte sich auch SPD-Chef Sigmar Gabriel für härtere Strafen ausgesprochen. Der CDU-Finanzexperte Norbert Barthle hält die derzeitige Regelung hingegen für sinnvoll. "Wir brauchen die Selbstanzeige, solange es Steueroasen gibt. Nur so kommt der Staat an das ihm zustehende Steuergeld", sagte er der Bild-Zeitung

Schweizer Konto

Die Journalistin Schwarzer hatte am Sonntag bekannt, seit den 80er-Jahren ein Schweizer Konto gehabt zu haben, das sie erst im vergangenen Jahr beim Finanzamt angezeigt habe. Für zehn Jahre habe sie etwa 200.000 Euro an Steuern nachgezahlt – plus Säumniszinsen.

Schwarzers Anwalt, der Medienrechtler Christian Schertz, kündigte juristische Konsequenzen an. Geprüft würden etwa strafrechtliche Schritte, weil mit der Veröffentlichung das Steuergeheimnis verletzt worden sei. Schertz sieht eine "unerträgliche Verletzung des Steuergeheimnisses und der Persönlichkeitsrechte von Alice Schwarzer".

Als Reaktion auf Alice Schwarzers Steuer-Beichte gab es am Montag neben viel Häme auch Rückendeckung für die Frauenrechtlerin, etwa vom Bund der Steuerzahler: Dieser hält die Enthüllung ihres Falls für fatal, weil Schwarzer das "legitime Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige" genutzt habe.

Der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz will dagegen heute Dienstag wegen seines Steuerbetrugs zurücktreten. Der Politiker hatte eingeräumt, einen schwerwiegenden Fehler begangen zu haben, "den ich sehr bedauere". Schmitz hat nach eigenen Angaben ein Konto mit fast einer halben Million Euro in der Schweiz nicht versteuert. Stammen soll es aus einem Erbe. (APA/red, derStandard.at, 4.2.2014)