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Eisberge, die vom Jakobshavn Isbræ in den Ilulissat-Eisfjord kalben, sind mit bis zu 46 Metern pro Tag unterwegs.

Foto: AP/Ian Joughin

Washington/Wien – Dieser Gletscher hat indirekt schon einmal Weltgeschichte geschrieben: Jener Eisberg, der 1912 die Titanic zum Kentern brachte, stammte aller Wahrscheinlichkeit nach vom Jakobshavn Isbræ, einem riesigen Gletscher, der an der Westküste Grönlands direkt in das Meer fließt und als der dauerhaft am schnellsten fließende Eisstrom der Welt gilt.

Dieser größte Gletscher Grönlands nimmt rund 6,5 Prozent der gesamten Eisfläche des Landes ein. Die Masse der Eisberge, die pro Jahr von seiner Gletscherzunge in den Ilulissat-Eisfjord fließen, beträgt rund 35 Milliarden Tonnen. Einzelne Eisberge können dabei mehrere Kilometer lang und bis zu einem Kilometer hoch sein. Kein Gletscher auf der gesamten Nordhalbkugel kalbt häufiger als der Jakobshavn Isbræ.

Dieser gigantische Eisfluss steht seit mehreren Jahrzehnten unter Satellitenbeobachtung. Dabei zeigte sich, dass sich die Fließgeschwindigkeit des Gletschers von 6700 Matern im Jahr 1985 auf 5700 Meter im Jahr 1992 reduzierte. Doch seit 1997 kehrte sich dieser Trend durch die Klimaerwärmung dramatisch um und der Eisfluss beschleunigte immer weiter.

Rückten die Eismassen 2004 um 12.600 Meter weiter, so betrug die Geschwindigkeit im Sommer 2012 46 Meter pro Tag, wie Forscher um Ian Joughin vom Polarforschungszentrum der Universität Washington im Fachblatt "The Cryosphere" berichten. Das wären auf das gesamte Jahr hochgerechnet 17000 Meter.

Obwohl der Gletscher stärker kalbt denn je und mehr Eis ins Meer abgibt, zieht er sich zugleich immer weiter zurück: In den Sommern der Jahre 2012 und 2013 verlagerte sich die Front des Gletschers um rund einen Kilometer weiter ins Landesinnere.

Das erhöhte Tempo des Gletschers bedeutet auch, dass noch mehr Eis ins Meer fließt als je zuvor. „Wir wissen, dass allein dieser Gletscher von 2000 bis 2010 den Meeresspiegel um einen Millimeter ansteigen ließ", sagt Joughin: „Mit dem zusätzlichen Tempo wird das im nächsten Jahrzehnt noch etwas mehr sein." (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 4.2.2014)