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Der Mensch besitzt circa drei Millionen Schweißdrüsen - einige davon in den Achselhöhlen.

Aus eigenen Schweißdrüsen können Stammzellen gewonnen werden, die sich besonders gut zur Wundheilung eignen. Sie bilden Hautzellen und managen den Heilungsprozess. Der Körper stößt diese nicht ab und eine ambulante Entnahme ist möglich.

Alles begann mit der Bauchspeicheldrüse. Charli Kruse, Leiter der Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie EMB in Lübeck, erinnert sich daran. Die Forscher hatten Zellen des Organs isoliert und in einer Petrischale für Forschungszwecke kultiviert – um die Funktion des Eiweißes Vigilin zu untersuchen, das in den Drüsenzellen gebildet wird. "Plötzlich stellten wir fest, dass sich diese auf ungewöhnliche Art und Weise vermehrten: Durch das Mikroskop erkannten wir in der Schale Drüsenzellen – aber auch Nerven- und Muskelzellen."

Aus dem Drüsengewebe hatten sich Stammzellen gebildet, die sich vermehrten und zudem unterschiedliche Zelltypen bilden konnten. Schnell zeigte sich, dass dies auch mit anderen Drüsenzellen funktionierte: "Wir arbeiteten uns langsam vom Körperinnern nach außen und landeten schließlich auf der Haut – bei den Schweißdrüsen. Auch hier dasselbe Ergebnis: Eine Petrischale voller Stammzellen," so Kruse. Bisher waren Schweißdrüsen wenig beachtet worden: Labortiere wie Mäuse oder Ratten haben diese nur an den Pfoten. Der Mensch besitzt bis zu drei Millionen – vor allem an den Fußsohlen, den Handflächen, in den Achselhöhlen und auf der Stirn.

Stammzellen aus der Achsel

Biologen und Mediziner nutzen Stammzellen, um aus ihnen neues Gewebe zu gewinnen – zum Beispiel, um kranke oder verletzte Zellen zu ersetzen. Insbesondere bei der Wundheilung spielen diese eine wichtige Rolle. Ideal sind körpereigene Stammzellen, da sie der Körper nicht abstoßt. Diese lassen sich jedoch nur in aufwendigen Operationen aus dem Knochenmark oder dem Blut gewinnen.

"An Schweißdrüsen kommt man wesentlich einfacher heran. Ein kleiner ambulanter Eingriff beim Hautarzt genügt. Uns reichen weniger als drei Millimeter Achsel-Haut aus, um Stammzellen zu gewinnen", erklärt Kruse. Transplantiert man diese Stammzellen in Hautwunden, so können sie die Wundheilung positiv beeinflussen. Ob die Zellen dabei selbst neue Hautzellen und Blutgefäße bilden oder durch das Ausscheiden von Wachstumshormonen Immunzellen aktivieren und so die Heilungsvorgänge managen, ist Gegenstand aktueller Forschungsarbeiten.

Feste Struktur

Die Wissenschaftler haben den positiven Effekt auf die Wundheilung am Tiermodell und an menschlicher Haut in der Petrischale nachgewiesen. Die Forscher legten dafür millimetergroße lebende Schweißdrüsen aus einer Hautprobe unter einem Mikroskop frei. Die darin enthaltenen Zellen vermehrten sie außerhalb des Körpers und regten sie an, andere Zelltypen zu bilden: "Wir besiedelten mit ihnen ein Trägermaterial und setzten dieses auf eine Wunde, die wir zuvor einer Testhaut zugefügt hatten," so Kruse.

Das Ergebnis: Die Wunde heilte mit den Stammzellen deutlich schneller und besser als ohne. Der Träger gibt den Zellen eine feste Struktur. Er besteht zum Beispiel aus Kollagen, einem Strukturprotein des menschlichen Bindegewebes, das später durch körpereigene Faserproteine ersetzt wird. "Ohne diese Struktur würden die Zellen vom Blutstrom erfasst und abtransportiert werden. Sie müssen möglichst fest auf der Wunde bleiben. Nur dann können sie mit der Haut reagieren und sich am Heilungsprozess beteiligen", sagt Kruse. (red, derStandard.at, 3.2.2014)