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Die EU stellt Hilfsgelder für die Ukraine in Aussicht.

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Klitschko fordert Bürgerwehren in der Ukraine.

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Demonstranten am Sonntag auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew.

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Ein orthodoxer Priester zwischen den Sicherheitskräften und dem Lager der Aktivisten auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew.

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Regierungsgegner auf einer Barrikade am Unabhängigkeitsplatz in Kiew.

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Freiwillige bringen Lebensmittel auf den Unabhängigkeitsplatz.

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Kiew/Moskau - Die ukrainische Führung und die außerparlamentarische Opposition haben sich nach Medienangaben auf eine Freilassung festgenommener Protestierer geeinigt. Bis Freitag sollen die Behörden mehr als 100 Demonstranten aus der Haft entlassen.

Im Gegenzug wollen die Regierungsgegner dann in Kiew die besetzte Stadtverwaltung räumen und ihre Barrikaden auf der Gruschewski-Straße zum Regierungsviertel aufgeben. Das sagte ein Sprecher der "Selbstverteidigungskräfte" am Montag auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew nach Berichten örtlicher Medien. Die Opposition um Ex-Boxweltmeister Witali Klitschko beharrt bisher auf einer bedingungslosen Freilassung aller Festgenommenen.

Opposition zur Regierungsbildung bereit

Die Gegner des ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch sind zur Regierungsbildung bereit. "Wir haben bisher nur ein Modell diskutiert - dass die Opposition die ganze Verantwortung übernimmt", sagte Ex-Außenminister Arseni Jazenjuk in einer Fernsehsendung. "Das bedeutet, dass wir (...) das Land aus dem Loch ziehen, in das es die Regierung und der Präsident gezogen haben."

Zuvor hatte Jazenjuk ein Angebot Janukowitschs abgelehnt, Regierungschef zu werden. Die Opposition fordert den Rücktritt des Präsidenten. 

EU und USA wollen Hilfspaket schnüren

An diesem Dienstag wird in Kiew die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zu Gesprächen über eine Lösung der Krise erwartet. Die EU und die USA arbeiten nach Worten der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton an einem Plan für eine erhebliche kurzfristige Finanzhilfe für die Ukraine. Ashton sagte dem "Wall Street Journal" (Sonntag) in München, Ziel des Hilfspakets sei es, dem Land in einer Übergangsphase zu helfen. Eine Übergangsregierung könne politische und wirtschaftliche Reformen unternehmen und Wahlen vorbereiten.

Das Hilfsvolumen werde nicht gering sein, sagte Ashton. Zahlen nannte sie jedoch nicht. Dieser Plan erfordere auch nicht, dass die Ukraine zunächst ein langfristiges Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds abschließe, betonte die EU-Chefdiplomatin.

Nicht nur Geld für die Ukraine

Ashton sagte, die neue ukrainische Regierung müsse dann im Detail sagen, was sie benötige. Es könne sich nicht allein nur um Geld handeln, sondern es könnten auch Garantien und Aussichten auf Investitionen gegeben werden. Russland hatte der Ukraine Kredite von 15 Milliarden Dollar (rund elf Milliarden Euro) versprochen, nachdem das Land ein Assoziierungsabkommen mit der EU hatte platzen lassen.

Die EU-Außenminister wollen nach Angaben ukrainischer Oppositionsführer bei ihrem Treffen am 10. Februar über Sanktionen gegen die Führung in Kiew beraten, wie sie etwa der ukrainische Oppositionspolitiker Witali Klitschko immer wieder verlangt hatte. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hatte sich am Wochenende skeptisch zu Sanktionen geäußert. "Öl ins Feuer gießen wäre schlecht", sagte er nach einem Treffen mit Klitschko am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz am Samstag.

Klitschko für Bürgerwehren

Dagegen sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Montag): "Wir brauchen Sanktionen gegen die Verantwortlichen von Gewalt und Unterdrückung." Ihnen müsse jetzt signalisiert werden, dass sie nicht anonym handelten, sondern dass sie persönlich für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen würden. Röttgen nannte Visaentzug, strafrechtliche Konsequenzen und das Einfrieren von Konten als schnell wirkende Sanktionen.

Klitschko sprach sich im Machtkampf mit der Regierung zum Aufbau ziviler Streifen aus. "Bildet Bürgerwehren in jedem Hof, in jedem Bezirk, in jedem Haus", forderte er am Sonntag vor deutlich mehr als 10.000 Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew. "Alle demokratischen Kräfte müssen den Protest vor die Gebietsverwaltungen tragen", sagte er.

Gegenseitite Beschallung

Die Regierungsgegner im Zentrum Kiews haben sich unterdessen etwas Neues einfallen lassen, um die Polizisten zu ärgern. Auf ein großes weißes Laken projizieren sie seit Sonntag rund um die Uhr Nachrichten von Fernsehsendern, in denen sie auch selbst zu Wort kommen. Die Lautstärke drehen sie so weit auf, dass den einige Meter weiter vor Regierungsgebäuden postierten Polizisten fast die Ohren abfallen.

Doch die Polizei schlägt mit einem Mix aus sowjetischer Militärmusik aus dem Zweiten Weltkrieg und Schlager-Ohrwürmern zurück. "Wir haben ein gutes Soundsystem, aber deren Lautsprecher ist noch lauter", klagt ein vermummter Aktivist namens Vadim, der seinen Nachnamen aus Furcht vor Repressalien nicht nennen will.

Die Beschallung mit den Nachrichten erfolgt Vadim zufolge zu dem Zweck, bei den Polizisten Verständnis für die Demonstranten zu wecken. Allerdings mache er sich wenig Hoffnung: "Die haben eine andere Weltsicht. Sie halten uns für böse, für Feinde. An den Nachrichten zeigen sie kein Interesse." Auch auf die Aufforderung der Regierungsgegner, ihre Schilde hinzulegen und sich ihnen anzuschließen, reagiert die Gegenseite nicht.

Regierungsgegner in Litauen eingetroffen

Der mutmaßlich gefolterte Regierungsgegner Dmitri Bulatow traf unterdessen zur Behandlung in Litauen ein, wie lokale Medien berichteten. Das EU-Mitgliedsland Litauen hatte Bulatow - wie auch Deutschland - medizinische Hilfe angeboten und bereits andere verletzte Regierungsgegner aufgenommen.

Janukowitsch kehrt aus Krankenstand zurück

Janukowitsch will nach tagelanger medizinischer Betreuung seine Arbeit wieder aufnehmen. Er war wegen Fiebers und Atemwegsproblemen in einer Klinik behandelt worden, wie es aus seiner Verwaltung hieß.

Die Proteste in Kiew hatten begonnen, als Janukowitsch Ende November 2013 ein historisches Partnerschaftsabkommen mit der EU auf Druck Russlands platzen ließ. Als der Staatschef Mitte Jänner demokratische Freiheiten einschränken ließ, eskalierten die Proteste. Bei Straßenschlachten zwischen radikalen Regierungsgegnern und der Polizei gab es mindestens vier Tote und hunderte Verletzte. Die Opposition fordert Janukowitschs Rücktritt und lehnt Zugeständnisse wie eine an Auflagen geknüpfte Freilassung festgenommener Protestierer ab.

Spannungen zwischen USA und Russland

Die Krise in der Ex-Sowjetrepublik sorgte auch bei der Münchner Sicherheitskonferenz für Spannungen zwischen dem Westen und Russland. US-Außenminister John Kerry versicherte der Opposition die Solidarität des Westens. "Die USA und die Europäische Union stehen an der Seite des ukrainischen Volkes in diesem Kampf."

Hingegen warf der russische Außenminister Sergej Lawrow dem Westen vor, die Demonstranten aufgewiegelt zu haben. "Was hat das Aufwiegeln zunehmend gewalttätiger Proteste auf der Straße mit dem Werben für Demokratie zu tun?", sagte Lawrow. Sein ukrainischer Kollege Koschara wehrte sich gegen jeden Druck von außen und betonte, dass Janukowitsch die Wahl im Jahr 2010 demokratisch gewonnen habe. Oppositionsführer Klitschko rief den Westen zu Sanktionen gegen die Kiewer Führung auf. "Das ist die einzige Sprache, die die Diktatoren der Ukraine verstehen", betonte er.

Ukrainer von Österreich "enttäuscht"

Regierungskritische Massenmedien in der Ukraine sowie ukrainische Internetseiten waren in den letzten Tagen voller Beiträge, die sich mit Beziehungen ukrainischer Politiker mit Österreich beschäftigten. Dabei erhitzten vor allem ein kolportierter Österreich-Aufenthalt des vergangene Woche zurückgetretenen Premierministers Mykola (Nikolai) Asarow und der Vorwurf der Geldwäsche die Gemüter. 

Von einem "massiven Imageproblem Österreichs" spricht der Lemberger Historiker und Publizist Wassyl Rassewitsch. In der Ukraine sei das Bild entstanden, so Rassewitsch, dass österreichische Behörden sowie die Regierung nicht auf jene Verdachtsmomente reagierten, die Journalisten, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Oppositionspolitiker vorgebracht hatten: Einigen regierungsnahen Spitzenpolitikern wird vorgeworfen, sich durch Korruption bereichert und Vermögen anschließend nach Österreich transferiert zu haben. (APA, 3.2.2014)