Salzburg/Wien - Mangelnde Rechte von Beschuldigten waren am Wochenende Thema beim 12. Strafverteidigertag in Salzburg. Die Anwälte kritisierten den mangelnden Beschuldigtenschutz in der medialen Berichterstattung. "Angeklagte werden zu Sündenböcken gemacht", erklärte etwa der Soziologe Manfred Prisching in seinem Festvortrag. "Es ist fast gleichgültig, was rechtlich am Ende herauskommt. Gauner bleibt Gauner, bis über den Freispruch hinaus".

Überdies würde viel zu selten gegen Verstöße gegen das Mediengesetz vorgegangen werden, meint Kurt Schmoller, Strafrechtsprofessor an der Uni Salzburg. Die derzeitige Höchstgrenze für Schadensersatzzahlungen von 20.000 Euro müsse angehoben werden.

"Undichte Stelle" in der Justiz

Auch die Schweigepflicht von Strafverteidigern und Richtern zu laufenden Verfahren werde immer öfter außer Acht gelassen, sagte Prisching. Immer wieder würden Faksimiles aus Ermittlungsakten in Medien auftauchen. Womit ein grundsätzlicher Vorteil des Strafverteidigers, der sich zu laufenden Verfahren äußern darf, ausgehebelt werde. Diese "undichten Stellen" in der Justiz müssten strenger verfolgt und das Sanktionssystem überdacht werden, lautete die einhellige Meinung unter den anwesenden Strafverteidigern.

Auch jüngste Aussagen von Justizminister Wolfgang Brandstetter zur Verfahrenshilfe werden von Juristen kritisch beäugt. Brandstetter hatte in einem ZiB-Interview gemeint, niemand in Österreich müsse aus Geldmangel auf eine angemessene Strafverteidigung verzichten.

"Ordentlichen Nachbesserungsbedarf" sieht hingegen der Sprecher der Vereinigung Österreichischer StrafverteidigerInnen, Richard Soyer. Im ORF-Radio forderte er, die Einkommensgrenzen, bis zu denen man Verfahrenshilfe bekomme, zu erhöhen; und dass Angeklagte schon bei der ersten Einvernahme einen Anwalt gestellt bekommen. (ruep, DER STANDARD, 3.2.2014)