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Mit einem Bau- und Infrastukturboom hat China die Wirtschaftskrise relativ unbeschadet durchtauchen können. Doch die schulden- finanzierten Investitionen könnten nun zu gehäuften Pleiten führen.

Foto: Reuters/Aly Song

Peking/Wien - Der chinesische Konjunkturgaul lahmt, ausgerechnet im Jahr des Pferdes gerät er ins Stolpern. Am Wochenende hat das chinesische Statistikbüro bestätigt, was Bankanalysten etwa von HSBC schon befürchtet hatten: Chinas Industrie wächst deutlich langsamer als zuletzt. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie ist auf 50,5 Punkte gefallen, der niedrigste Stand seit einem halben Jahr. In der Vorwoche hatte der private Index von HSBC gar einen Wert von unter 50 ausgewiesen. Damit würde Chinas Industrieproduktion sogar schrumpfen. China ist 2013 so langsam gewachsen wie seit 14 Jahren nicht mehr.

Doch neben chinesischen Konjunktursorgen halten die Kreditmärkte die Analysten und Ökonomen auf Trab. Sie haben auch zu den Finanzmarktturbulenzen beigetragen, die seit zwei Wochen Schwellenländer weltweit in Atem halten. Eine Reihe von Staaten musste Notfallmaßnahmen setzen: eine Währungsabwertung in Argentinien, teils drastische Zinserhöhungen in der Türkei, Südafrika und Indien. In China wurde ein exotisches Finanzvehikel in letzter Minute vor der Pleite gerettet, Analysten warnen dennoch vor möglichen Finanzproblemen.

"Das Wachstum in China ist sehr abhängig von neuen Schulden", warnt Charles Dumas, Ökonom bei Lombard Street Research in London. In den vergangenen fünf Jahren ist die Verschuldung der chinesischen Volkswirtschaft von 125 auf mehr als 225 Prozent der Wirtschaftsleistung BIP gestiegen. Der Schattenbankensektor abseits der Staatsbanken mache bereits 100 Prozent des BIP aus, schätzen Analysten. "Auf die meisten Kreditblasen dieser Größe folgt eine harte Landung der Wirtschaft", warnt der Krisenökonom Nouriel Roubini in einem Beitrag. "Es ist unwahrscheinlich, dass China ungeschoren davonkommt."

Ein großes Risiko schlummert dabei im Dickicht der Schattenbanken, abseits der großen chinesischen Staatsbanken. In der vergangenen Woche beunruhigte eine solche Schattenbank die Finanzmärkte. Das Trustprodukt "Credit Equals Gold #1" schrammte an der Pleite vorbei. Wochenlang wurde gestritten, wer die Verluste des 2011 aufgelegten knapp 370 Millionen Euro schweren Wertpapiers zu tragen hat. Im letzten Moment konnte der strukturierte, aber faule Kredit an Shanxi Zhenfu Energy, eine Kohlemine, bedient werden, weil eine Regierungsbehörde ihn übernommen hatte.

Dass die Regierung selbst bei einem relativ kleinen Kredit interveniert, ist für Kreditanalyst Matthew Phan von CreditSights ein "Zeichen, dass die Regierung glaubt, dass das System noch nicht stark genug ist, um eine Pleite auszuhalten". Die Rettung wird bereits als "Bear-Stearns-Moment" bezeichnet, in Anspielung auf die im Frühjahr 2008 gerettete US-Investmentbank.

Tatsächlich erwarten viele Analysten, dass 2014 zum Jahr der ersten größeren Pleite wird. So vermutet Wei Yao, China-Ökonomin bei Société Générale, im Jahr des Pferdes die ersten größeren Insolvenzen im Schattenbankensystem: "Trustprodukte und Unternehmensanleihen werden umfallen, das dürfte das Kredit- und Wirtschaftswachstum weiter dämpfen."

Kreditvergabe gedrosselt

Chinas Zentralbank hat in den vergangenen Monaten die Kreditvergabe deutlich gedrosselt. Damit soll der weitere Aufbau fauler Kredite verhindert werden, gleichzeitig wird es für viele Firmen schwieriger, bereits bestehende Kredite zu refinanzieren. Im Dezember ist die Vergabe neuer Kredite im Jahresvergleich um 25 Prozent gefallen. (sulu, DER STANDARD, 3.2.2014)