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Google sieht sich mit dem Vorwuf konfronitiert AdBlocker geschmiert zu haben

Foto: APA/Virginia Mayo

Sascha Pallenberg scheint etwas gegen die Kölner Firma Eyeo GmbH zu haben. Gegen Investor Tim Schumacher. Und gegen die Geschäftsführer Till Faida und Wladimir Palant. Bereits im vergangenen Jahr schrieb sich der Blogger die Finger wund, er veröffentlichte drei ausführliche Beiträge über die Firma auf Mobilegeeks.de. Über 80 Word-Seiten und über 25.000 Wörter sind dabei zusammengekommen – wenn man den jüngsten, vierten Beitrag vom Freitag mitzählt.

Pallenberg kritisiert nicht nur die Verstrickungen von Schumacher, Faida und Pallant zu anderen Unternehmen. Er hat auch etwas gegen Adblock Plus, einen Werbeblocker, den Eyeo für diverse Internetbrowser anbietet. Nun könnte man unterstellen, dass diese Abneigung den eigenen Interessen dient. Schließlich ist Pallenberg Mitbetreiber von Mobilegeeks, also einer Seite, die auch über Werbung finanziert wird. Und Werbeblocker wie Adblock haben nun einmal die Aufgabe, ebendies zu verhindern. Sie sorgen dafür, dass beim täglichen Surfen im Netz Anzeigen unterdrückt werden. Dafür reicht es aus, eine kostenlose Browser-Erweiterung herunterzuladen und zu installieren. Der Rest läuft im Hintergrund ab.

Doch Pallenberg scheint es um mehr zu gehen. Er will auf Versäumnisse aufmerksam machen. Er will offenlegen, was tatsächlich hinter dem Geschäftsmodell Adblock Plus steckt. Und er will verdeutlichen, wer alles seine Finger im Spiel hat.

Wie funktioniert das Geschäftsmodell eigentlich?

Doch wie funktioniert das Geschäftsmodell eigentlich? Wie lässt sich mit Werbung, bzw. deren Abwesenheit, Geld verdienen? Die Antwort laut Pallenberg: Natürlich auch mit Werbung – allerdings in homöopathischen  Dosen.

2011 hatte Eyeo darum eine Funktion in sein Programm eingebaut, mit der „akzeptable Werbung" nicht länger blockiert wird. Als Begründung nannte das Unternehmen einerseits das angenehme Surfen, das auch weiterhin garantiert werden sollte. Andererseits müsse man jedoch an die Betreiber von Webseiten und Blogs denken, denen ohne Werbung eine Einnahmequelle abhanden komme. Darum sollten bestimmte Formen von Online-Anzeigen erlaubt werden. Welche das genau sind, das erklären die Macher von Adblock Plus ausführlich auf ihrer Website.

Da Adblock Plus ursprünglich zum Ziel hatte, alle Werbung im Netz auszublenden, brauchte es für akzeptable Werbung eine zweite Liste. Werden auf der ersten all die Werbebanner aufgelistet, die unterdrückt werden, kommen auf die zweite nun alle Seiten, deren Werbung angezeigt werden soll.

Um es auf diese Whitelist zu schaffen, muss man zunächst ein Formular ausfüllen und auf Feedback von Eyeo warten. Nach einer anschließenden Überprüfung der Werbung wird eine Vereinbarung unterzeichnet und der Vorschlag zur Freischaltung im Forum von Adblock Plus gepostet. Die Nutzer haben dann eine Woche Zeit, um darauf zu reagieren.

Auch Google wurde auf die Liste genommen

Genau das geschah im vergangenen Jahr auch bei Google. Der Suchmaschinenbetreiber wurde in die Liste der „akzeptierten Werbung" aufgenommen. Wer Adblock Plus nutzt, bekommt seitdem bei einer einfachen Suchanfrage über www.google.de auch wieder Werbung angezeigt. Ein Unternehmenssprecher teilte dazu mit: "Adblock Plus hat im Juni 2013 angekündigt, dass Suchmaschinen-Anzeigen und gesponserte Ergebnisse bei Google und auf AdSense Such-Partner Webseiten für die ‚Acceptable Ads'-Liste geeignet sind. Diese Liste umfasst bereits eine Reihe von AdSense Such-Partner, sowie Anzeigen auf Amazon, Yahoo, Reddit und Yandex."

Unklar ist bis heute, wer den ersten Schritt gemacht hat. Eyeo-Chef Faida behauptete 2013 gegenüber Horizont, dass Google sich selbst beworben und „die Suchanzeigen in das öffentliche Forum zur Freischaltung eingestellt" habe. Auf Nachfrage vom Wall Street Journal Deutschland erklärte er, dass das Prozedere für jeden Antragssteller gleich sei. Auch das würde dafür sprechen, dass Google den ersten Schritt unternahm.

Um auf die Whitelist von Adblock Plus zu kommen, reichen bei kleineren und mittleren Webseiten und Blogs die oben genannten Schritte. Große Anbieter, zu denen Google ohne Frage zählt, müssen eine Art Aufwandsentschädigung zahlen. Damit soll laut Eyeo gewährleistet werden, dass die Listen kontinuierlich betreut werden. Das könne jedoch nicht von Freiwilligen übernommen werden, wie es bei den normalen Listen der Fall ist, schreibt das Unternehmen. Größere Parteien werden also zur Kasse gebeten – auch Google.

Pallenberg will von einer 30-prozentigen Umsatzbeteiligung erfahren haben, die größere Unternehmen an Eyeo überweisen.  So viel hat Google jedoch sicherlich nicht bezahlt. Aus gut unterrichteten Kreisen habe der Blogger vielmehr gehört, dass das Unternehmen für die Freischaltung seiner Werbeanzeigen lediglich 25 Millionen US-Dollar an Eyeo überweisen musste.

Faida erklärte gegenüber dem Wall Street Journal Deutschland, dass etwa zehn Prozent der Firmen, die nicht von Adblock Plus geblockt werden wollen, dafür zahlen. Wie viel genau, dazu wollte er jedoch nichts sagen. Das sei von Fall zu Fall unterschiedlich. Die 25 Millionen wollten weder Faida noch Google bestätigen oder dementieren. Dass eine Zahlung erfolgt ist, ist jedoch kein Geheimnis. Bereits im vergangenen Jahr bestätigte der Suchmaschinenriese entsprechendes gegenüber der FAZ.

Waren es tatsächlich 25 Millionen Dollar?

Sollten die 25 Millionen Dollar der Wahrheit entsprechen, dann hätte Google tatsächlich ein Schnäppchen gemacht. PageFair hat im vergangenen Jahr ausgerechnet, wie viel Geld Google durch das Blocken von Werbung im Netz verloren geht und ist dabei auf eine Summe von 887 Millionen Dollar im Jahr 2012 gekommen. Sich für 25 Millionen auf die Whitelist setzen zu lassen, könnte sich vor diesem Hintergrund als lukratives Geschäft erweisen, wie es auch Pallenberg schreibt.

Doch ganz egal, wie viel Geld am Ende geflossen ist. Wichtig ist, wie man die Nutzer von Adblock Plus dazu bewegt, „akzeptierte Werbung" auch tatsächlich zu akzeptieren.

Zunächst einmal ist diese Funktion standardmäßig aktiviert. Wer sich Adblock Plus für seinen Browser herunterlädt und installiert, der kann sich also zunächst einmal über deutlich weniger Werbung beim Surfen freuen. Alle Anzeigen verschwinden jedoch nicht. Dafür muss zunächst der Weg über die Browsereinstellungen gegangen werden und ein Haken an der richtigen Stelle entfernt werden.

Mitte 2013 hatte Pallenberg zum ersten Mal über die Machenschaften der Adblock-Plus-Entwickler berichtet und ihnen Erpressermethoden vorgeworfen. Er empfahl Alternativen wie AdBlock Edge und AdBlock und riet dazu, „akzeptierte Werbung" zu verbieten.

In seinem jüngsten Artikel kritisiert Pallenberg nun jedoch, dass Adblock Plus auch deaktivierte „akzeptierte Werbung" wieder angezeigt habe. Ganz automatisch und ohne die Nutzer darüber in Kenntnis zu setzen.

Am 16. August 2013 veröffentlichte Eyeo-Geschäftsführer Wladimir Palant einen Blogeintrag, in dem er darauf hinwies, dass durch einen Fehler im Programm „akzeptierte Werbung" wieder aktiviert worden seien – zumindest in einigen Versionen der Software für Chrome- und Opera-Browser. Er schrieb, dass sich dieses Problem leider nicht automatisch reparieren ließe und riet dazu, erneut die eigenen Einstellungen zu überprüfen.

Pallenberg glaubt nicht an Zufall

Pallenberg schließt sich diesem Rat in seinem jüngsten Beitrag an. Er glaubt jedoch nicht an einen Zufall. Es sei vielmehr sehr verwunderlich, dass dieser Fehler aufgetreten sei, nachdem sich die Wogen um Adblock Plus im vergangenen Jahr ein wenig geglättet und viele Nutzer auf dem Höhepunkt der Berichterstattung akzeptierte Werbung deaktiviert hatten.

Am Ende steht Aussage gegen Aussage. Adblock Plus erfreut sich trotz oder gerade wegen der Berichterstattung weiterhin großer Beliebtheit. Faida sprach gegenüber dem Wall Street Journal Deutschland von derzeit zwei Millionen Downloads jede Woche. Und für Pallenberg bedeuten Artikel über das Browser-Plugin und die Menschen dahinter zusätzliche Besucher auf seiner Website und damit auch steigende Werbeeinahmen. Werbeeinahmen, die ihm durch Adblock Plus andererseits auch entgehen. „Er profitiert von unserer Berühmtheit", sagt Faida. Vermutlich ist es andersrum ähnlich. (Jörgen Camrath, WSJ.de/DerStandard.at, 31.1. 2014)