Seit der ersten Ausgaben des Elternmagazin-Klassikers "Eltern" 1966 ist einiges dazugekommen.

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Dreitagebart, lässige Frisur, ein schicker Strickpullover mit perfekt passendem beigem Schal und ein breites Lächeln. Der sportliche Typ könnte genauso gut ein Lifestyle-, Männer- oder Sportmagazin zieren – wäre da nicht das Baby, das er auf dem Arm hält und das nicht minder breit in die Kamera grinst. Die beiden zieren das Cover der aktuellen Ausgabe des bekannten Familienmagazins "Eltern". Zu dem schon seit 1966 erscheinenden Magazin sind in den letzten Jahren zahlreiche neue Zeitschriften für frischgebackene oder auch schon routiniertere Eltern dazugekommen. Mit einem spießigen Bild der Kleinfamilie mit traditioneller Rollenverteilung möchten diese Magazine auf den ersten Blick nichts mehr zu tun haben. Doch wie viel Fortschrittlichkeit steckt hinter der hippen Aufmachung? Holen diese Familienmagazine auch Väter ins Boot, oder sind sie bloß verkleidete konventionelle Frauenmagazine? Und vor allem: Wie viel Feminismus steckt in diesen Magazinen, der die Gestaltung der Kleinfamilie in den vergangenen Jahrzehnten immerhin ordentlich herausgefordert hat?

Im Großen und Ganzen

Eine erste Rundschau über die Magazine "Eltern", "Nido", "Warum!", "Familie rockt!", "Fratz & Co" und "Junge Familie" verrät: Väter sollen auch angesprochen werden, und man geht von hohen Ansprüchen an Erziehung und Elternschaft aus. Das war es aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten, wenngleich die meisten dieser Magazine mehr oder weniger offensichtlich Frauen adressieren – und auch vorwiegend von Frauen gekauft werden.

So auch der Klassiker der Familienmagazine, "Eltern". Den weitaus größten Anteil des insgesamt monatlich rund 249.000-mal verkauften Magazins erwerben Frauen, nur 18,5 Prozent der Käufer sind Männer. Dabei widmet sich gerade die aktuelle Februar-Ausgabe hingebungsvoll den Vätern und startet eine sechsteilige Serie über Väter im Job, junge und ältere Väter und die Frage, wie sie Schwangerschaft und Geburt erleben. Dass der Vater aber noch immer "der Andere" in der Familie ist, zeigt sich rasch und nicht nur durch die porträtierten Väter selbst, die neben verständlichen Problemen wie finanziellen Zwängen zur Vollzeitarbeit oder Kündigungen wegen Elternzeit es besonders erwähnenswert finden, dass sie auch einmal in der Nacht aufstehen oder eine Windel wechseln. Die Vorstellung, schlichtweg weniger zuständig zu sein, wird auch von den AutorInnen selbst gefestigt, wenn sie laufend vom "Mithelfen" schreiben. Gerade so, als ob es nicht der eigene Haushalt der Väter wäre, um den man sich nun einmal kümmern muss, oder nicht ihr eigenes Kind, das zu versorgen ist. Wer hilft, ist nicht hauptverantwortlich, sondern lediglich - je nach Möglichkeit und Gelegenheit - eine Unterstützung.

Der Artikel "Umziehen für den Chef", für "den" auch ausschließlich Väter in eine andere Stadt müssen, während Frauen ihr "Kartenhaus aus Kinderbetreuung, Jobvereinbarung, Fußballtrainingsterminen" zusammenbrechen sehen, zeugt ebenso von traditionellen Vorstellungen eines Frauen- und Männerleben.

Kompetenter per Definition

Um einiges aufgeschlossener gibt sich da schon "Nido", wenngleich auch hier Väter immer wieder auf das "Helfen" beschränkt werden. Dennoch wird auch auf Reflexion des scheinbar Unvermeidlichen wert gelegt: von wegen Mütter hätten quasi per Definition ein besseres Händchen für das kranke Kind oder den Feriencamp-Koffer. Und auch fundamentalere wie strukturelle Probleme lässt "Nido" nicht außen vor. Unter der Rubrik "Gesellschaft" wird mit Fakten zu Gewalt gegen Frauen, Armutsgefährdung oder Repräsentation von Frauen in der Politik auf die harten Rahmenbedingungen verwiesen. Das scheint Männer zumindest nicht vollends zu verschrecken: Zwar kaufen zu 80 Prozent Frauen das Heft, aber immerhin wird es zu 65 Prozent daheim auch von den Partnern mitgelesen, verraten die Mediadaten des Magazin.

Stets ist es der Partner, der zur Partnerin gehört, und umgekehrt. Lesben und Schwule haben in diesen beiden auflagenstarken und populären Familienmagazinen offenbar als Familien keinen nennenswerten Stellenwert. Erst recht nicht in dem österreichischen Magazin "Fratz & Co", das in puncto feministisches Niveau vollends enttäuscht. Ob Babys, Erziehung, Einrichtung der Kinderzimmer – in "Fratz & Co" (Druckauflage: 100.000 Stück, Abos: 14.500) ist all das Frauensache, Männer dürfen, wenn überhaupt, als Experten ins Heft. Zwar zeichnet sich das Heft plus dazugehöriger Online-Plattform als "Familienmagazin" aus, Reichweitenmessungen und Zielgruppen fokussieren allerdings ausschließlich auf Frauen. Und weil Mama nicht nur beim Kind alles perfekt machen muss, sondern auch gut dabei aussehen soll, dürfen Kosmetiktipps natürlich nicht fehlen.

Vielleicht wird er Ingenieur, der Bub

Hohe Erwartungen provoziert das Familienmagazin "Warum!", zu dessen Profil unter anderem der Fokus auf "soziale Gerechtigkeit" gehört. In erster Linie versteht es sich aber als "Naturmagazin für schlaue Eltern". Damit ihre Kinder genau das über sie denken, gibt es in dem Heft zahlreiche Antworten auf mögliche Kinderfragen, für die sich die Eltern wappnen können – von "Warum knirscht der Schnee?" bis zur Erklärung des Dopplereffekts. Bei den Antworten möchte man auf wissenschaftlichem Terrain bleiben, da sind Klischees freilich nicht erlaubt. Ganz gelingt das dem Öko-Magazin, das laut Mediadaten Eltern in "gehobenen Berufen" mit überdurchschnittlich hohem Haushaltsnettoeinkommen als Zielgruppe hat und sich offenkundig an die AkademikerInnen von morgen richtet, nicht: Das textile Werken mit Stofftieren erledigen Mädchen, die Kugelbahn bastelt – vielleicht ein zukünftiger Ingenieur? – ein Bub.

Mit dem Label "Öko" dürfte sich "Tipi" schwertun, das unter anderem in McDonald's-Filialen zu bekommen ist und auch an alle McDonald's-Family-Club-Mitglieder verschickt wird. "Tipi" sei neben den "wertkonservativen" und "veralteten" Familienmagazinen aber nicht weniger als "revolutionär", verkündet der Verlag. Das Cover der aktuellen Winterausgabe ("Tipi" erscheint viermal im Jahr) wartet tatsächlich mit einem etwas anderen Familienthema auf: Pflegekinder. Der ehrliche und alles andere als voyeuristische Artikel macht deutlich, wie sehr in allen anderen Magazinen Familie an Verwandtschaft geknüpft wird. Familie ist hier auch ein lesbisches Paar mit Pflegekind. Dann gibt es noch einen Artikel über die Einübung von Geschlechterrollen bei Kindern und darüber, welche Rolle der Pinkifizierungsfeldzug der Spielzeugindustrie dabei spielt. Eine kleine Revolution ist das schon.

Abwechslung tut gut

Ambitioniert sind die Themen auch im noch jungen Wiener Magazin "Familie rockt" (seit 2012). Auch eine "Anna, zweimal geschieden", schafft es in dem auf einen alternativ-urbanen Lifestyle zugeschnittenen Heft zu einem Porträt. Die liebevolle Weihnachtsdeko nebst dem selbstgekochten Festmahl und dem selbstgebastelten Geschenkpapier (Dezember-Ausgabe) können der LeserIn aber schon einmal die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Auch machen sich die im Vergleich zu Magazinriesen wie "Nido" sehr knappen personellen Ressourcen in einem allzu thesenhaften Journalismus bemerkbar.

Dennoch: Die Abwechslung tut gut und ist angesichts des übrigen Angebots durchaus nötig. Denn obwohl sich die Auswahl an Familienmagazinen vervielfältigt hat, kann das von den repräsentierten Familienmodellen keineswegs behauptet werden. Frauen werden mehr oder minder diskret in ihre Rolle als Alleinverantwortliche daheim gedrängt, Männer durch ästhetische Aufbereitung wie inhaltliche Themensetzung ferngehalten.

Explizit feministische Inhalte zu Elternschaft sind im Übrigen im deutschsprachigen Raum nur im Netz zu finden. Ohne große Werbekunden und ohne Entlohnung machen sich dort Frauen Gedanken, die die Trampelpfade vorangehender Mütter- und Vätergenerationen nicht für den besten und einzigen Weg halten. Ein bisschen mehr von diesem Wagemut täte auch den kommerziellen Familienmagazinen gut. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 2.2.2014)