Mehr Geld: Der Wunsch der Aufsichtsräte wäre ein Mix aus fixer und aufgabenbezogener Vergütung.

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Aufsichtsräte in Österreich sehen sich mies bezahlt. Ihre operativ tätigen Spitzenmanager finden das auch. Das ergibt eine Studie von Kienbaum gemeinsam mit Flick Glocke Schaumburg in Österreich und Deutschland. Detailliert befragt wurden 115 Vorstände und Aufsichtsräte (AR).

Gemessen am Europa-Vergleich haben sie mit ihrem Gagenjammer auch recht: Rund 30.000 Euro beträgt laut Erhebung des Anleger-Interessenverbands IVA die durchschnittliche Remuneration eines Aufsichtsrats im Prime-Segment der Wiener Börse - Ausreißer wie die Erste Group (fast 900.000 Euro für zwölf Mitglieder) eingerechnet. Damit sind heimische Aufseher Schlusslicht in Europa.

Mehrheit gegen Frauenquoten

Konkrete Wunschhöhen wurden nicht abgefragt, allerdings erscheint als Idealbild ein Mix aus fixer und aufgabenbezogener Vergütung (Ausschusstätigkeit), wobei das Entlohnungsverhältnis einfaches Mitglied zu AR-Vorsitzendem mit 1 zu 2,5 als wunschgemäß gilt. Analogien zur Vorstandsvergütung werden mehrheitlich abgelehnt. Begründung: Gleichklang der monetären Anreize könnte die Unabhängigkeit gefährden. Was in Deutschland Usus ist, wollen die Österreicher allerdings nicht: Die Aktionäre sollen nicht die Vergütungspolitik entscheiden. Heißt: Erweiterung der Befugnisse der Hauptversammlung wird abgelehnt. Transparentere Vergütungsberichte (da herrscht in Österreich auch vergleichsweise viel Spielraum) werden auch nicht als dringend nötig erachtet.

Und der Perspektivwechsel: Sollen Vorstandsgagen limitiert werden? 45 Prozent erachten dies im Sinne des sozialen Friedens für sinnvoll. Bei den Aufsichtsräten plädiert dafür sogar eine Mehrheit. Um gesetzliche Vorschrift oder neue Paragrafen im heimischen Corporate-Governance-Kodex soll es dabei aber nicht gehen, sondern um Selbstverpflichtung. Zwischen den Zeilen sieht es insgesamt so aus, als würde dieser heimische Kodex für Wohlverhalten in seiner weitgehenden Sanktionslosigkeit und geräumigen Unverbindlichkeit quasi nicht stören. Obwohl: Dass 51 Prozent die angeratene Kommunikation von Maßnahmen zur Erhöhung der Frauenquote für nicht sinnvoll halten, mag auch Aufschluss geben. Wenig überraschend sprechen sich drei Viertel gegen Frauenförderung via Regulierung aus.

Verlust von Integrität und Respekt

Dass Kooperation, Kollaboration und innovative Kokreation das Klima in den Führungsboards beherrschen, darf bezweifelt werden: Überraschend beobachten gar 77 Prozent der Vorstände und Aufsichtsräte in Österreich einen "Werteverlust". Besonders in Banken und bei Finanzdienstleistern. Leistung als Wert kommt den Befragten ziemlich unverändert vor. Dagegen wird über Verlust von Integrität und Respekt geklagt. Risikoaversion ist vor allem für Vorstände ein Thema: 66 Prozent sehen einen Verfall im Wert "Mut".

"Die Wahrnehmung hinsichtlich eines Werteverfalls in der heimischen Wirtschaft wurde sicherlich auch durch die medial stark reflektierten Compliance-Affären führender österreichischer Unternehmen in den letzten Jahren mitbedingt", sagt Kienbaum-Österreich-Chefin Cornelia Zinn-Zinnenburg. (Karin Bauer, DER STANDARD, 1./2.2.2014)