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Das Fiat-Werk bleibt in Italien, die Produktion schrumpft aber. Den Steuersitz hat der Autobauer nach Holland verlagert.

Foto: Reuters/Remo Casilli

Italien ist nach wie vor das zweitwichtigste Industrieland der EU. Doch in den vergangenen Jahren haben tausende Firmen hier ihre Pforten geschlossen. Von einstigen Aushängeschilden der italienischen Industrie – Olivetti, Fiat und Pirelli – ist nur noch ein Schatten geblieben. Olivetti zählt inzwischen zur Telecom Italia, Pirelli hat sein Geschäft auf den Kernsektor Reifen konzentriert und soll nach jüngsten Gerüchten zum Verkauf stehen. Fiat lagert seinen Sitz ins Ausland aus.

Die Gründe für den Trend sind offensichtlich. Italiens Industrie hat an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Die Stromkosten liegen hier bis zu 30 Prozent über dem deutschen Vergleich. Die Lohnkosten, vor allem aber die Steuern sind höher als in den meisten EU-Ländern. Des Weiteren haben die Gewerkschaften nach wie vor eine übermäßig starke Position inne. Der Kündigungsschutz ist hier rigoros. Last but not least ist die langsame Justiz ein Hindernis.

UniCredit-Chef Federico Ghizzoni meinte kürzlich: Es ist offensichtlich, dass ausländische Investoren sich mit Investitionen zurückhalten, wenn ein Prozess fünf Jahre und länger braucht, um zu Ende geführt zu werden. Tatsache ist, dass Italien bei ausländischen Investitionen innerhalb der EU an einer der letzten Stellen rangiert. Die Wettbewerbsfähigkeit fiel um fünf Punkte zurück. Der schwedische Electrolux-Konzern droht nun, seine Werke in Italien zu schließen, sollten die Arbeitnehmer niedrigere Löhne nicht akzeptieren. Italiens größter Hersteller von Elektrohaushaltsgeräten, Indesit, will ebenfalls die Produktion drosseln und ist auf der verzweifelten Suche nach einem Partner. Angeblich zeigt Siemens- Bosch Interesse an einer Allianz.

Italien hat seit Jahren keine Industriepolitik. Die Regierung Berlusconi war nie an Reformen und einer effizienten Industriepolitik interessiert. Berlusconis Unternehmen konzentrieren sich auf den Dienstleistungssektor: Dieser wurde in den letzten Jahren zugunsten der Industrie gefördert. Die Industrieproduktion gab in den vergangenen drei Jahren um acht Prozent nach. Erst seit November gibt es eine zaghafte Erholung.

"Made in Italy" als Marke

Einzig der Textil- und Modesektor hat einen neuen Weg gefunden. Der Trend zur Qualität, zur Fertigung von Luxuswaren macht sich bezahlt. Denn in diesem Bereich kann Italien auf die jahrhundertealte Handwerkstradition zurückgreifen. So meinte Kaschmir- König Brunello Cucinelli: Das "Made in Italy" habe sich zur Markenware entwickelt und sei im Ausland stärker gefragt als andere Marken.

Der Schneiderberuf und andere Handwerksberufe erleben derzeit ein großes Comeback. Es gibt bereits ein Dutzend italienische Modeunternehmen, die ihre Produktion von Asien nach Italien zurückholen, um "Made in Italy" zu vermarkten. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, 31.1.2014)