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Cholesterinsenker zählen zu den meisteingenommenen Medikamenten - einer Studie zufolge könnten sie auch vor Gedächtnisproblemen schützen.

Foto: Boris Roessler/dpa/apa

Etwa 220 Millionen Menschen nehmen Cholesterinsenker (Statine) ein, um sich vor Herzinfarkten und Schlaganfällen zu schützen. Die Sorge, dass diese häufig verschriebene Medikamentenklasse das Gedächtnis schädigen könnte, scheint unbegründet. In einer Übersichtsarbeit, bei der Studien mit mehr als 23.000 Männern und Frauen ausgewertet worden waren, fanden US-Forscher bei kurzfristiger Einnahme kein erhöhtes Risiko und bei längerer sogar einen Schutzeffekt.

Verunsicherung bei Patienten

Mehrere Studien berichteten in der Vergangenheit, dass Menschen, die Statine einnehmen, seltener von einer Demenz wie zum Beispiel die Alzheimer-Krankheit betroffen sind. Andere Untersuchungen fanden aber keinen Effekt. Im Gegenteil wurden nach der Einnahme vereinzelt sogar Gedächtnisstörungen und Vergesslichkeit beobachtet, bis hin zum vorübergehenden Gedächtnisverlust, was heute in den Beipackzetteln dieser Präparate auch nachzulesen ist.

"Zusammen mit entsprechenden Presseberichten hat dies auch zur Verunsicherung der Patienten beigetragen", sagt Matthias Endres, Direktor der Klinik für Neurologie an der Berliner Charité. Deshalb wäre es enorm wichtig gewesen, die Studien dazu genau unter die Lupe zu nehmen.

Kurzfristige Einnahme hat keine Auswirkungen

Forscher der Johns Hopkins University in Baltimore haben unter 41 Studien zum Thema die 16 methodisch besten ausgewählt. Für den ersten Teil der Untersuchung wurden acht Studien erfasst, die einen kürzeren Gebrauch von Statinen untersucht hatten. Drei dieser Studien ermöglichten eine quantitative Auswertung, weil hier die Teilnehmer bei einem Denktest unter Zeitdruck Zahlen durch Symbole ersetzen mussten.

Dabei fanden sich keine eindeutigen Unterschiede zwischen denjenigen, die Statine bekommen hatten, und jenen Teilnehmern, die stattdessen ein Scheinmedikament einnahmen.  Die Forscer fanden keinen Zusammenhang zwischen dem kurzfristigen Gebrauch von Statinen und Gedächtnisverlust oder anderen kognitiven Beeinträchtigungen.

Über längere Zeit könnte Demenzrisiko sinken 

Teil zwei der Analyse sollte die langfristigen Folgen der Statin-Einnahme klären. Hier standen die Daten aus acht Studien mit mehr als 23.000 Menschen zur Verfügung, bei denen es anfänglich keine Hinweise auf Gedächtnisstörungen gab. Im Durchschnitt waren diese Patienten zwischen drei bis maximal 25 Jahre lang untersucht worden. In drei der acht Studien fand sich kein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Statinen und dem Demenzrisiko.

In fünf Studien aber fanden die Wissenschaftler einen positiven Einfluss der Arzneien. Zusammengenommen errechneten die Forscher für alle acht Langzeitstudien ein um 29 Prozent geringeres Risiko, an einer Demenz zu erkranken, gegenüber Patienten, die lediglich ein Scheinmedikament erhalten hatten. 

Mit Vorsicht zu genießen

Einige große Statin-Studien, wie die PROSPER-Studie (Prospective Study of Pravastatin in the Elderly at Risk) oder die Heart Protection Study, ergaben in der Vergangenheit jedoch keinen Hinweis auf einen schützenden Effekt der Statine. Diese wurden in der aktuellen Übersichtsstudie nicht mit eingerechnet. "Auch aufgrund früherer Berichte zu möglichen Nebenwirkungen der Statine auf das Gedächtnis ist auch diese neue Studie mit Vorsicht zu betrachten", sagt Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen.

Es stimme ihn aber optimistisch, zu sehen, dass die Einnahme von Cholesterinsenkern über einen längeren Zeitraum womöglich das Risiko verringert, an einer Demenz zu erkranken. Dass Statine einen solchen Effekt haben, scheint plausibel. Schließlich verringern oder stabilisieren die Cholesterinsenker jene Ablagerungen (Plaques) in den Gefäßen, die Verengungen verursachen, den Blutfluss ins Gehirn verringern und durch Verstopfungen Schlaganfälle auslösen können. "Was die neurokognitiven Effekte der Statin-Therapie angeht, können Ärzte und Patienten nun beruhigt sein", sagt Diener. (red, derStandard.at, 31.1.2014)