Die Citybikes in Wien 2003.

Foto: Robert Newald

Neulich war es wieder so weit. Der Besucher aus Paris – Korrespondent einer deutschen Nachrichtenagentur – stand vor dem Citybike-Terminal: "Ah, ihr habt also auch das Pariser System übernommen!"

Der Mann lag falsch, befindet sich aber in bester Gesellschaft: Sogar Wiener Rad-Verantwortliche verwechseln oft Henne und Ei. Wien folgte Paris nicht – es war die Vorlage. Auch wenn das kaum kommuniziert wird. Kein Wunder: JC Decaux, ein global aufgestellter Außenwerbekonzern und Besitzer des "Cyclocity"-Gratisradsystems, sitzt in Paris und betreibt laut eigener Homepage Freiräder in 30 Städten.

Cyclocity ist das global führende Gratisradsystem (Zweiter: das System der Deutschen Bahn) – und Vorlage für Citybikes auf der ganzen Welt: Im Jahr 2011 erklärten mir in Denver die Free-Biker, man verwende „das Pariser System".

Viennabike 2002

Darum eine Geschichtslektion: Wien initiierte 2002 das "Viennabike". Nach Kopenhagener Muster konnte man für zwei Euro Pfand losradeln. Die Räder waren binnen Tagen weg, 600.000 Euro Subvention versenkt.

2003 brachte der Plakatriese Gewista Wiens "Citybikes". Das System "rockte": 2013 gab es mehr als 750.000 Fahrten. Mehrheitseigentümer der Gewista: JC Decaux. Das Wiener Konzept kam 2005 nach Lyon. 2007 nach Paris. Fast 1:1. Die Decaux-Homepage nennt Lyon als Ursprung. Wien? Eine Fußnote.

Der deutsche Paris-Korrespondent staunte ("Spannend.") und analysierte: "Weißt du, wieso Paris die Referenz ist? Dort hat man mehr getan, als bloß Fahrräder hingestellt. Man beschneidet den Autoraum systematisch und substanziell. Dazu fehlen Wien einfach die Eier." (Thomas Rottenberg, DER STANDARD, 31.01.2014)