Bild nicht mehr verfügbar.

Vom Spruch des Obersten Gerichtshofs hängt ab, ob die frühere Libro-Führung hinter Gitter muss oder nicht.

Foto: apa/Harald Schneider

Wien - Julius Meinl V. wird zwar nicht dabei sein, seine Anwälte aber sehr wohl. Am Donnerstag hält der Oberste Gerichtshof (OGH) einen Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung in der Causa Libro. Dort geht es unter anderem um das Thema Untreue - erwartet wird ein Urteil mit Präzedenzwirkung.

Von der Entscheidung der Höchstrichter hängt auch in der Causa Meinl viel ab, in der unter anderem Bankpräsident Julius Meinl beschuldigt ist. In einem Strang der Causa geht es um eine Sachdividende in Höhe von rund 225 Millionen Euro. Sie wurde einst an eine dem damaligen Bankchef Julius Meinl zurechenbare Gesellschaft ausgeschüttet. Dazu sollen die Ermittlungen der Justiz laut Insidern weit gediehen sein, aber noch nicht abgeschlossen. Ein Anklageentwurf, der in Richtung Untreue geht, wird dem Vernehmen nach überarbeitet.

Entscheidungsreif

In der Sache geht es um ähnliche juristische Fragestellungen wie bei den nicht rechtskräftigen Untreue-Urteilen gegen die frühere Libro-Führung. Unbestätigten Informationen zufolge will man vor einer etwaigen Anklageerhebung gegen Julius Meinl und Co auf jeden Fall den Spruch des OGH abwarten.

Folgen die OGH-Richter in der Causa Libro der Ansicht ihres Generalprokurators, dann wird das am 21. Juni 2011 vom Schöffensenat am Landesgericht Wiener Neustadt gesprochene Untreue-Urteil aufgehoben. Der frühere Libro-Chef Andre Maarten Rettberg, Ex-Finanzvorstand Johann Knöbl und ihr Aufsichtsratspräsident, Kurt Stiassny würden ebenso freigesprochen werden wie der involvierte Wirtschaftsprüfer Bernhard Huppmann. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Dünne Kapitaldecke

Für Laien oder gar ehemalige Libro-Aktionäre, die ihr Investment mit dem Konkurs im Jahr 2002 zur Gänze verloren haben, mag die Empfehlung der Generalprokuratur unverständlich klingen und vor allem bitter sein. Schließlich war die auf Internet getrimmte Buchhandelskette nach Ausschüttung der inkriminierten Sonderdividende von 440 Millionen Schilling (32 Millionen Euro) an ihre damalige Mutter UD-AG (mit der sie danach verschmolzen wurde) bereits bei ihrem Börsengang mit einer sehr dünnen Kapitaldecke ausgestattet. Sie verringerte sich im Zuge der Expansion in Österreich und Deutschland weiter bedrohlich.

Untreue stelle diese Ausschüttung an die Muttergesellschaft dennoch nicht dar, sagt der Sprecher der Generalprokuratur, Martin Ulrich. Denn zwar wurde die Librodisc Handels AG durch den Vermögensabfluss an die Mutter "entreichert", da die beiden wirtschaftlich aber als Einheit zu betrachten seien, stelle die Bereicherung der Mutter keine Untreue dar. Im strafrechtlichen Sinn sei daher kein Schaden entstanden. Zumal sich die beiden über die Vorgangsweise einig waren und sich eine Firma bei wirtschaftlicher Vermögensbetrachtung nicht selbst schädigen könne. Untreue setze wissentlichen Befugnismissbrauch ebenso voraus wie Schädigungsvorsatz von Gläubigern.

Das impliziert freilich nicht, dass Vermögensverschiebungen zum Nachteil einer Gesellschaft grundsätzlich nicht geahndet oder angeklagt werden können. Im Fall der Libro-Sonderdividende im Jahr 1999 war es nach dem Konkurs im Jahr 2002 für ein allfälliges Vorgehen wegen Bilanzfälschung allerdings zu spät, sie wäre verjährt. Letzteres wäre einzig im Fall Rettberg erneut zu prüfen.

Finanzverfahren

Im Finanzstrafverfahren gegen die Meinl Bank wurde unterdessen die drohende Eigenkapitallücke errechnet, sollte die von der Finanzbehörde geforderte Steuernachzahlung tatsächlich schlagend werden. In dem Fall fehlen 13 bis 18 Millionen Euro, war am Mittwoch zu hören. Dafür hat, wie berichtet, eine Julius Meinl zurechenbare Gesellschaft eine Garantie übernommen. (gra, ung, DER STANDARD, 30.1.2014)