Die erste Regierungserklärung von Angela Merkel in dieser großen Koalition hatte schon eine merkwürdige Symbolik. Da humpelte die deutsche Kanzlerin - immer noch mit Krücken - mühsam zum Rednerpult. Ihr Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) saß derweil vor Kraft strotzend auf der Regierungsbank.

Dies spiegelt die politischen Verhältnisse in Berlin wider, denn bis jetzt sind die Sozialdemokraten der Motor dieser neuen Regierung. Gabriel macht Energiewende, Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) macht Pensionsreform. Und die Union schaut zu.

Dennoch trifft sie die harsche Kritik an der Pensionsreform von allen Seiten genauso, denn Merkel hat ja schon klargestellt, dass sie voll hinter dieser steht. Vergessen ist, dass Merkels erste große Koalition 2007 das Pensionsantrittsalter von 65 auf 67 Jahre angehoben hat.

Damals tat sie dies unter dem Druck der vergleichsweise hohen Arbeitslosigkeit, Anfang 2007 waren noch 4,2 Millionen Menschen in Deutschland ohne Beschäftigung. Heute sind es deutlich weniger, nämlich 2,8 Millionen.

Dies animiert die Regierung, das Geld mit vollen Händen auszugeben und Reformen von einst rückgängig zu machen. Sie tut so, als habe Deutschland dauerhaft ein Konjunkturhoch gepachtet. Bezahlt wird später. Denn wenn der nächste Einbruch kommt, dann werden die Wohltaten von heute als soziale Kürzungen wieder auftauchen.(Birgit Baumann, DER STANDARD, 30.1.2014)