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Einst sollten die hohen Schlote Schadstoffe bis zu deren Ungefährlichkeit verdünnen. Heute ist die Kreislaufwirtschaft an der Tagesordnung.

Foto: AP/Sarbach

Salzburg - Wenn Franz-Josef Brüggemeier einen Ausblick auf die ökologische Entwicklung der kommenden Jahrzehnte kurz zusammenfassen muss, dann formuliert er das mit den Worten "leichter Optimismus". Brüggemeier ist Mediziner und Historiker. Derzeit ist er Professor an der Universität Freiburg mit dem Schwerpunkt Umweltgeschichte.

Aus der Beschäftigung mit der Umweltgeschichte der vergangenen 200 Jahre leite er seinen positiven Ausblick auf die kommenden Jahrzehnte auch ab, sagte Brüggemeier im Rahmen eines Vortrages bei den "Salzburger Vorlesungen". Die Handlungsmöglichkeiten hätten jedenfalls enorm zugenommen.

Die Wissenschaft wisse inzwischen wesentlich besser über die vielfältigen Zusammenhänge ökologischer Kreisläufe Bescheid, Auch die materiellen und technischen Möglichkeiten hätten sich enorm verbessert. So wäre man beispielsweise noch bis in die 1970er-Jahre davon ausgegangen, es würde genügen, die Schadstoffe ausreichend zu verdünnen.

Viele Schadstoffe - darunter beispielsweise Schwermetalle wie Blei oder Kadmium - würden aber in Deutschland erst seit 1974 überhaupt gemessen. Diese Messungen und das neue Wissen über die Wirkungen der einzelnen Stoffe hätten dann zu einer "Änderung im Denken" in Richtung Filter oder Kläranlagen geführt.

Klassisches Beispiel DDT-Sache

In der Folge seien auch immer mehr Herstellungsverfahren so verändert worden, dass überhaupt möglichst wenig Schadstoffe anfallen. Die Erfolge könnten sich sehen lassen. Die Emission von Blei sei ab 1974 um 97 Prozent, jene von Kadmium um 86 Prozent gesenkt worden.

Zu den verbesserten wissenschaftlich-technischen Möglichkeiten kämen auch neue politische Interessenvertretungen für Umweltangelegenheiten und ein verbesserter institutioneller Rahmen für den Umweltschutz hinzu.

Obschon der Sozialhistoriker alles andere als ein Alarmist ist, Garantien für eine positive Entwicklung gebe es natürlich keine, sagt er einschränkend. Viele der neuen Technologien könnten letztlich auch größeren Schaden anrichten als vorherige.

Als "den klassischen Beispielfall" in der Änderung des Umweltbewusstseins führt Brüggemeier "die DDT-Sache" an. Das Dichlordiphenyltrichlorethan ist seit Anfang der 1940er-Jahre als Insektizid weltweit im großen Maßstab eingesetzt worden. Die Palette reichte von der Hygiene in Kasernen über den großflächigen Einsatz in der Landwirtschaft bis hin zur Malariabekämpfung.

DDT als Wendepunkt

Das Gift ist aber lange haltbar, gut fettlöslich und reichert sich so am Ende der Nahrungskette an. Vor allem aber hat es hormonähnliche Wirkung und führt zur Unfruchtbarkeit. Die Folge war in den USA beispielsweise ein weitverbreitetes Vogelsterben.

Dies sei "der Start der amerikanischen Umweltbewegung" gewesen, illustriert Brüggemeier den Wendepunkt, Heute ist der Einsatz von DDT in allen westlichen Industrieländern verboten.

In der jüngeren Umweltgeschichte gebe es noch mehrere solcher Beispiele: die diversen Dioxinskandale oder der Contergan-Skandal mit zigtausenden geschädigten Kindern. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 30.1.2014)