Es ist eigentlich beruhigend, dass ein Ball, an dem etwa die Unesco nicht mehr anstreifen will, weil er deren Grundwerten – Toleranz und Respekt vor anderen Kulturen – nicht entspricht, immer mehr Proteste und immer weniger Gäste anlockt. Was ständig über die Verbindungen der FPÖ, der Gastgeberin des Akademikerballs, ins rechte Eck und über diverse frühere Ballgäste bekannt wurde, was man alles klagsfrei über einige Frackträger, die dort einmarschierten, sagen kann, muss gerade auch junge Menschen aufregen. Sie protestieren und setzen Grenzen, wo der Staat mit den Schultern zuckt.

Antifaschismus ist kein Verbrechen, auch keine Subkultur, sondern eine Pflicht. Dieser Satz sollte in einer Demokratie nicht verhandelbar sein. Antifaschisten, die teilweise selbst jahrelang mit Fotos, Adressen und Aufrufen zur Gewalt auf Neonazi-Seiten bedroht und diffamiert wurden, bis die Behörden endlich gegen die amtsbekannten Betreiber durchgriffen, fühlen sich von ihrer Republik nicht besonders geschützt. Dabei wollen sie "nur" das, was sich KZ-Überlebende im Schwur von Buchenwald am 19. April 1945 gelobten: den Nazismus mit seinen Wurzeln bekämpfen.

Die große Empörung

Nun ist die Empörung über eingeschlagene Fensterscheiben und Auslagen zu Recht groß. Jene Empörung darüber, dass Rechtsextreme, verurteilte Holocaustleugner, Antisemiten und Antiziganisten in Prunkräumen der Republik feiern dürfen, verblasst aber daneben. Randalierer bei Demos, die an sich friedlich sind, kommen in fast jeder europäischen Großstadt vor. Rechtsextreme Vernetzungstreffen in einem Gebäudekomplex, in dem der Bundespräsident residiert, nicht.

Aber die Öffentlichkeit beschäftigt sich jetzt mit den Problemen der Grünen mit ihrer Parteijugend – die ohne Zweifel in Sachen Abgrenzung zu Gewalt einiges dazulernen muss – mit einer Hingabe, die man sich bei Problemen der FPÖ mit ihrer Parteijugend, die sich zum Teil in einschlägigen Organisationen tummelt, das ganze Jahr über wünschen würde.

Grauen der Kapuzenjackenträger

Da kann es sich die FPÖ derweil in Österreich noch gemütlicher machen – wie Andreas Mölzer am Sonntag in der Sendung "Im Zentrum". Der eloquente ältere Herr ereiferte sich ausgiebig über das Grauen der Kapuzenjackenträger auf den Demos, nachdem er sich seit Jahren im Umkreis von Leuten bewegt, die das Grauen des Holocausts verharmlosen, ja ihnen als Herausgeber von "Zur Zeit" sogar immer wieder eine Plattform für ihre Menschenverachtung bot. Ingrid Thurnher schlug ihm vor: "Trennen Sie sich doch von den Rechtsextremen!" Kennt die Moderatorin Mölzers Biografie? Wenn der Vorschlag ironisch gemeint war, war er wirklich gut.

Man muss den Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl nach diesem Polizeieinsatz und seinen kruden Vorstellungen von Datenschutz kritisieren. Man muss jetzt aber auch die Bundesregierung in die Pflicht nehmen. Was sagen Kanzler Werner Faymann, Vizekanzler Michael Spindelegger eigentlich dazu, dass Journalisten an ihrer Arbeit gehindert wurden? Sollen Rechtsextreme 2015 wieder mit riesigem Aufwand in der Hofburg geschützt werden? Was sagt Bundespräsident Heinz Fischer dazu? Wie geht es nächstes Jahr weiter?

Der "Schwarze Block" und seine inakzeptablen Mittel dürfen nicht als einziges Problem von Freitagabend übrigbleiben. Der Ball ist das Problem. Die Rechten sollen feiern. Auf ihren Buden oder in ihren Hobbykellern. Aber nicht in der Hofburg. Eine Wiederholung dieses Schauspiels wäre unerträglich. (Colette M. Schmidt, derStandard.at, 28.1.2014)