Eugen Freund ist der Kandidat, den jeder kennt, aber kaum wer mag. Dieser Eindruck entsteht, wenn man sich derzeit mit Funktionären und Sympathisanten der SPÖ unterhält. Der Mann steht für seine eigene Popularität, von der er selbst überzeugt ist wie kaum ein anderer, aber nicht für Inhalte. Das passt gut zum Politikverständnis eines Werner Faymann, der Marketing über die Auseinandersetzung mit Inhalten stellt.

Faymanns direkter Zugang zum Boulevard könnte sich in diesem Fall aber rächen: Die Basis scheint nicht gewillt zu sein, dem Kandidaten aus der Retorte widerspruchslos zu folgen. Ende Februar findet ein Bundesparteirat statt, bei dem die Delegierten aufgerufen sind, den Willen der Parteispitze nachzuvollziehen und Eugen Freund auch von unten abzusegnen. Das kann auch in die Hose gehen: Es regt sich Unmut quer durch die Reihen, das Jubelquorum für den Quereinsteiger scheint keinesfalls sicher zu sein.

Freund wird jetzt erst einmal auf eine Tour durch die Niederungen der Partei geschickt, er soll sich bei den Sektionen vorstellen und mehr als ein freundliches Gesicht machen. Er soll sich erklären. Es reicht offenbar doch nicht, ein bekanntes Fernsehgesicht vorne hinzustellen und auf den Applaus zu warten. Die Funktionäre haben es noch nicht satt, sich auch mit Standpunkten und Argumenten auseinanderzusetzen. Das ist in Zeiten wie diesen ein durchaus erfrischender Zugang zur Politik. (Michael Völker, DER STANDARD, 28.1.2014)