Was kann man in einer quasi Sehenswürdigkeiten-freien Shopping-Megacity, die sich unter einer Smogglocke befindet, unternehmen? Genau das frage ich mich, als ich mein erstes Wochenende in Schanghai verbringe. Einer Stadt, in der sich außer Essen und Shopping kaum Vergnügungsoptionen anbieten.

Foto: Bianca Gusenbauer

Tipp 1: Verlassen Sie diese Stadt! Gepaart mit einem ordentlichen Jetlag bietet sich also als erste Option das Verlassen der Stadt an. Ein Ausflug in das knapp 200 Kilometer entfernte Hangzhou dauert per Zug nur eine Stunde, wenn man denn tatsächlich ein Ticket ergattert und am Bahnhof, der gefühlt vier bis sechs Mal so groß ist wie der Wiener Flughafen, auch sein Gate findet.

Der Zug rast, ich dämmere im Jetlag und es ziehen sich wiederholende Häuserfronten an mir vorbei. Die Sicht ist schlecht und ich fühle mich permanent wie in der Filmkulisse von Dr. Schiwago. Auch beim Verlassen des Bahnhofs in Hangzhou trifft mich die Erkenntnis "Just more of the same" und kurz bedauere ich meine Entscheidung, Shanghai überhaupt verlassen zu haben.

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Aber Hangzhou hat tatsächlich einen See zu bieten, in dem Inseln idyllisch eingebettet  sind und zu denen ich gemeinsam mit einer Unmenge an Gleichgesinnten "hoppe". Alleine ist man hier, außer am Klo, nirgends. Die Hauptattraktion für mich stellen daher die einheimischen Touristen dar, die sich ausgelassen amüsieren und mich schön langsam in China ankommen lassen.

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Die wohl beliebtesten Häppchen sind in heißem Wasser simmernde Snacks, die auf Holzspieße gesteckt sind. Fischkuchen, Tofu, Fleisch... alles was das Herz begehrt und sich für den kleinen Hunger zwischendurch eignen.

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Sticky Rice gibt es seltener, aber sie sehen wunderschön aus und wären auch von mir gegessen worden, wenn ich nicht schon anderweitig dem Snack-Angebot erlegen wäre.

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Zurück in Shanghai widme ich mit vollem Körpereinsatz meiner Hauptaufgabe: der Entdeckung des kulinarischen Schmelztigels Shanghai, in dem es Küchen aus allen Provinzen Chinas zu finden gibt. Aber nicht nur aus den chinesischen, sondern auch aus der österreichischen Provinz arbeiten Köche in Shanghai. Peter Troissinger ist einer der jungen Wilden, der sich als Küchenchef der Herausforderung einer chinesischen Küchenmannschaft im Restaurant "Aux Jardins" des Hotels "Massenet at Sinan Mansions" stellt.

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Aus der Steirereck-Küche kommend genießt er einerseits das Experimentieren mit den neuen Aromen Asiens, andererseits muss er sich den Herausforderungen der kulturellen und sprachlichen Barrieren stellen.

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Ein großes Vergnügen und ein kulinarisches Verwöhnprogramm war daher ein Mittagessen bei Peter Troissinger (im Foto stehend), bei dem ich ordentlich eingekocht wurde. Vom Aperitif bis zum Dessert ein durchgängiger Genuss von feinen Aromen, spannenden und gelungenen Kombinationen - in guter Gesellschaft von Lukas Ziesel (Foto sitzend), dem zweiten jungen Wilden in Shanghai.

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Lukas Ziesel, auch aus der Streiereck-Mannschaft kommend, lebt bereits seit mehr als zwei Jahren in Shanghai und hat schon mehrere Stationen hinter sich und scheint derzeit im "In-Club" von Shanghai – dem M1NT – mit viel Engagement erfolgreich die Küchenbrigade anzuführen.

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Ein wenig verrückter und posh ist das M1NT, aber Lukas Ziesel scheint perfekt rein zu passen. Das Essen eine Fusion aus asiatischer und europäischer Küche, die dem Publikum gefällt. Mit toller Aussicht lässt sich das feine Essen auch hier in guter Gesellschaft gut genießen, um anschließend in der Lounge noch Verdauungsgetränke zu sich zu nehmen.

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Nicht in der Küche, sondern ganz oben in der Hotelbrigarde des Hyatt-Hotels befindet sich ein weiterer Österreicher, Gottfried Bogensperger, der bereits seit Jahrzehnten auf eine klassische Hotel-Karriere zurückblicken kann. Das Hyatt on the Bund hat neben dem exzellenten chinesischen Restaurant "Xindalu" auch eine Roof-Bar mit Whirlpool und sensationellem Ausblick zu bieten.

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Leider ohne Foto bleibt Herr Bogensperger, der mich in die Küche des Restaurants "Xindalu" eingeladen hat, um gemeinsam mit dem Küchenchef traditionelle Gerichte zu kochen und dem Ablauf der Küche kennenzulernen. Obwohl Shanghai nicht Peking ist, ist das Xindalu bekannt für die beste Pekingente der Stadt, die dem Küchenchef Du Cai Qing besonders am Herzen liegt. In drei verschiedene Fleischteile geschnitten und mit der knusprigen Haut als Höhepunkt, wird die Ente gemeinsam mit Frühlingszwiebeln und einer speziellen Sauce in dünnen Pfannkuchen gewickelt. Ehrlich: ganz herrlich!

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Eine kleine Kaloriensünde ist diese Schweinefleischpyramide, deren Fleisch lange mariniert und anschließend gedämpft wird. Das aromatische Fleisch wird abgerollt und in kleinen Kürbisbrötchen serviert. Das Fleisch schmilzt quasi auf der Zunge und die warmen Aromen enthalten Glückshormone - so kommt es mir zumindest vor, bevor ich in das zweite Brötchen beiße.

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Ist der Backofen in Europa wohl wirklich eines der wesentlichsten Kücheneinrichtungen, kommt er in chinesischen Küchen kaum bis selten vor. Im Gegenteil: große Dämpfer stehen bereit, um von der Pyramide bis hin zu den chinesischen Knödeln alles zu dämpfen. Die chinesische traditionelle Version unserer Dampfgarer also, die gerade ohne Dampf-Tradition erfolgreich in jeder neuen Küche in Österreich eingebaut werden.

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Zu trinken gibt es im Xindalu auch chinesischen Wein, der durchaus genossen werden kann. Und da ich eben nicht gerne shoppe, habe ich mich in Shanghai nach meinem ersten Fluchtversuch völlig der Kulinarik hingegeben, die Kalorien ignoriert und mir kontinuierlich und mit viel Genuss einen kleinen Speckgürtel angegessen. (Bianca Gusenbauer, derStandard.at, 27.1.2014)

Weitere kulinarische Stationen meiner Reise sind hier in Kürze, auf meinem Blog Gib Bianca Futter! und aktuell auf Facebook mitzuverfolgen.

>> Zum Thema: Suppenknödelmachen in Shanghai

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