Wien - Schule soll schon lange nicht nur Fertigkeiten, sondern auch Werte, Arbeitshaltung, Sozialkompetenz vermitteln. Doch obwohl Noten als Voraussetzung für den Besuch weiterführender Schulen und die Berufslaufbahn immer wichtiger werden, wurde die Benotung an die neuen Bildungsziele nicht angepasst und bildet sie nicht oder nur unsystematisch ab, warnt die Wiener Bildungspsychologin Christiane Spiel.

Zeugnisse - darunter auch die Nachrichten am Ende des ersten Semesters - werden als "Aufnahmeticket" für weiterführende Schulen und Berufslaufbahnen immer wichtiger. Die Semesternachrichten werden in Wien und Niederösterreich am 31. Jänner, am 7. Februar im Burgenland, Salzburg, Kärnten, Tirol und Vorarlberg und am 14. Februar in Oberösterreich und der Steiermark verteilt. In Deutschland und anderen Ländern haben die Zeugnisse durch den Numerus Clausus auch Auswirkung auf den Zugang zu Hochschulen. Dabei wurde bereits vielfach in Studien belegt, dass Ziffernnoten nur bedingt etwas über den Leistungsstand von Schülern aussagen, da die Lehrer unterschiedliche Standards anlegen und auch Arbeitshaltung nicht gleich bewerten.

Richtlinien fehlen

Die Lehrer sieht Spiel dabei in einer schwierigen Situation: Sie sollen laut Lehrplänen ihren Schülern Kreativität, Teamfähigkeit oder die Fähigkeit zur Vernetzung von Gegenständen vermitteln. Allerdings gibt es für das Erreichen dieser Bildungsziele keine eigenen Noten und die Lehrer bekommen auch keine Hilfestellung, ob und wie stark sie diese Leistungen der Schüler in die Benotung einzelner Fächer einfließen lassen sollen. Die Folge dieses Fehlens von Richtlinien sind laut Spiel Verunsicherung und Überforderung der Pädagogen.

"Kreative Lösungen"

Aus Sicht der Bildungspsychologin sind deshalb "kreative Lösungen in der Leistungsfeststellung" nötig, die die Gesamtpersönlichkeit des Schülers inklusive seiner Arbeitshaltung und Sozialkompetenz berücksichtigen. Voraussetzung wären dabei laut Spiel neben mehr Einsatz von neuen, projektorientierten Unterrichtsformen auch andere Prüfungsmodalitäten, mit denen neben Fachwissen auch Schlüsselqualifikationen abgeprüft werden können. Benoten könnten die Lehrer diese Kompetenzen dann fachspezifisch oder -übergreifend entweder separat mit einer Ziffer oder verbal. Eine weitere Variante wäre die Beurteilung innerhalb der fachspezifischen Note, wobei die Kriterien jedoch explizit aufgelistet werden müssten. (APA, 27.1.2014)