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Nach wie vor ist der Cannabiskonsum in Österreich illegal.

Foto: Reuters/Andres Stapff

Wien - Viele Österreicher haben Cannabis-Konsumerfahrung. Dieses zieht sich durch alle Altersgruppen. Die aktuelle und umfassende "Suchtmittel Monitoring Studie" für Wien (präsentiert im Oktober 2013) zeigt jedoch, dass zunächst der Alkohol, dann Nikotin und schließlich Psychopharmaka bei den Suchterkrankungen die größte Rolle spielen.

Elf Prozent der über 15-jährigen Männer haben einen riskanten Alkoholkonsum, ebenso sechs Prozent der Frauen. 35 Prozent der Bevölkerung trinken zumindest zwei- bis dreimal pro Woche Alkohol (17 Prozent fast alle Tage, 18 Prozent zwei- bis dreimal pro Woche, Anm.Red.).

32 Prozent der Wiener sind regelmäßige beziehungsweise tägliche Raucher. 20 Prozent der Bevölkerung haben bereits zumindest einmal Beruhigungstabletten eingenommen. 24 Prozent haben schon einmal Schlafmittel eingenommen - so die repräsentativen Zahlen aus Wien.

Anfangen und wieder aufhören

Bei den illegalen Drogen steht Cannabis-Konsum ganz vorne und ist zum größten Teil handelt es sich dabei um sogenannten Probier-Konsum, so der Beauftragte für Sucht- und Drogenfragen, Hans Haltmayer. "Wir sehen einen Anstieg in der Lebenszeitprävalenz von Cannabis-Konsum. 2011 gaben in Wien beispielsweise 21 Prozent der über 15-Jährigen an, zumindest einmal in ihrem Leben Cannabis konsumiert zu haben, 2013 waren es 24 Prozent. Doch wenn man sich das genauer ansieht, dann liegt bei den meisten dieser Personen der Konsum schon drei oder mehr Jahre zurück", sagt der Allgemeinmediziner.

Heranwachsende würden Cannabis ausprobieren - und dann zumeist wieder damit aufhören. Haltmayer: "Gerade deshalb muss man informieren und aufklären. Klar ist, dass auch Cannabis dem Suchtmittelgesetz unterliegt. Auch die medizinischen Aspekte und Risiken muss man den Menschen mitteilen. Prohibition allein ist keine Prävention."

Keine Einstiegsdroge

Bei einem kleinen Teil der Cannabis-Konsumenten entwickelt sich im Laufe von Jahren eine Suchterkrankung. Doch das hat laut dem Experten einen ganz anderen Hintergrund: "In der Regel sind das Patienten mit schweren psychischen Grunderkrankungen, wie schweren Depressionen, schwere Angststörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Sie bemerken beim Probierkonsum, dass ihnen Cannabis Erleichterung verschafft und geraten in den fortgesetzten Konsum."

Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Stadt Wien: "In der Regel bleibt es bei diesen Patienten nur selten beim Cannabis." Im Zuge dieser Quasi-Selbstbehandlung würde schnell auch zu gefährlicheren Drogen gegriffen. Doch deshalb könne man bei Cannabis nicht wie ehemals von einer "Einstiegsdroge" reden. Im Ambulatorium der Suchthilfe Wien sind Cannabis-Konsumenten nicht die vorrangige Klientel. Haltmayer: "Für unsere Patienten ist Cannabis nicht das Hauptproblem. Sie nehmen viel schwerwiegendere Substanzen."

Vulnerabel für Psychose

Die Hanfprodukte würden in solchen Fällen am ehesten noch im Rahmen von Mischkonsum auftauchen, was die Sache natürlich risikoreicher mache. Der Experte: "Je mehr Substanzen eingenommen werden, desto unabsehbarer sind die Folgen." Cannabis als auslösender Faktor für Psychosen betreffe vor allem Personen, die an sich für solche Erkrankungen vulnerabel seien.

Haltmayer steht einer Legalisierung von Cannabis skeptisch gegenüber: "Aus medizinischer Sicht ist Cannabis keine Substanz, die frei zugänglich sein sollte." THC sei ein potenter Stoff. Aber, so der Experte. "Entkriminalisierung ist ein wichtiges Thema. Wir haben in Wien mit dem Grundsatz 'Therapie statt Strafe' sehr gute Erfahrungen gemacht." Es wird im Falle einer Anzeige in jedem Einzelfall geprüft, ob diese zurückgelegt werden könne und ob eventuell medizinische Maßnahmen angeraten wären. (APA/red, derStandard.at, 27.1.2014)