Bild nicht mehr verfügbar.

Präsident Nikolic verkündete vorgezogene Neuwahlen.

Foto: Reuters/Djurica

Belgrad - Das Bühnenbild sah operettenhaft aus, der Ernst des Augenblicks entsprechend gespielt, als sich Staatspräsident Tomislav Nikolic Mittwochmittag im Staatsfernsehen an die Bürger Serbiens wandte. Im Hintergrund die üblichen Staatssymbole, links und rechts vom Präsidenten, aber, völlig fehl am Platz, zwei in hellblaue Paradeuniform gekleidete Offiziere der serbischen Garde. Nikolic bedachtsam und feierlich, als er mitteilte, dass er auf Ansuchen der Regierung das Parlament aufgelöst und vorgezogene Parlamentswahlen für den 16. März ausgeschrieben habe. Er wünschte allen "frohe Wahlen". Es werden die zehnten Parlamentswahlen in Serbien seit der Einführung des Mehrparteiensystems 1991 sein, sieben davon waren vorgezogen.

Doch diesmal gibt es keine Staatskrise. Des weiteren: die Koalitionsregierung hat eine stabile parlamentarische Mehrheit; es gibt einen politischen Konsens über die Europäische Union, mit der Belgrad am 21. Jänner Beitrittsverhandlungen begonnen hat; die gerade vor eineinhalb Jahren gebildete Regierung wurde vor wenigen Monaten komplett umgebildet; in der Regierung herrscht eine Übereinstimmung über notwendige strukturelle Reformen und die Gegner der mit Brüssel koordinierten serbischen Kosovo-Politik sind marginalisiert. Und obwohl der Seniorpartner in der Regierung, die rechtskonservative Serbische Fortschrittspartei (SNS), den Posten des Ministerpräsidenten der dreimal schwächeren Sozialistischen Partei Serbiens (SPS) 2012 überlassen musste, um die Regierung bilden zu können, ist der unumstrittene starke Mann, der um alles gefragt wird und über alles entscheidet, Vizepremier und SNS-Chef Aleksandar Vucic.

Neue Energie nach vorgezogenen Wahlen

Vucic hat auch die Entscheidung über vorgezogene Wahlen getroffen, alle anderen machten gute Miene zu seinem bösen Spiel. Die Begründung des Vizepremiers und Koordinators der Sicherheitsdienste: Serbien brauche eine "neue Energie", um den Reformprozess durchführen und den Kampf gegen Korruption und das organisierte Verbrechen mit "gleicher Schlagkraft" fortsetzen zu können.

Entsprechend überzeugend klang auch die Erklärung der Regierung, die ihr freiwilliges Ende mit dem "Bedürfnis eine möglichst breite Unterstützung für Reformen und die Modernisierung der Gesellschaft zu sichern" begründete.

Der plausible Grund für Neuwahlen ist, aber, einfach die enorme Popularität der SNS, die Präsident Nikolic und Vucic vor fünf Jahren gegründet hatten, ihr überzeugender Erfolg bei einzelnen Kommunalwahlen in den vergangenen Monaten. Der autoritäre Machtpolitiker Vucic möchte daraus Kapital schlagen. In Meinungsumfragen liegt die SNS bei 45 Prozent und kann sogar mit absoluter Mehrheit rechnen. Weit dahinter an zweiter stelle liegt die oppositionelle, von innerparteilichen Machtkampf geschwächte Demokratische Partei (DS) mit 13, an dritter die SPS mit 11 Prozent. Die antieuropäische, konservative Demokratische Partei Serbiens (DSS) kann mit rund 7 Prozent rechnen, alle anderen Parteien werden um die Fünf-Prozent-Hürde kämpfen müssen, ausgenommen Parteien nationaler Minderheiten die garantierte Mandate haben.

Schmutzige Walhkampagne auf allen Ebenen

Nicht weniger wichtig für Vucic sind, ebenfalls vorgezogene, Kommunalwahlen in Belgrad, die gleichzeitig stattfinden. Zwei Mal hat Vucic gegen DS-Chef Dragan Djilas im Kampf für das Bürgermeisteramt in der Hauptstadt verloren. Vucic hat das nicht vergessen und für Djilas würde eine Niederlage das politische Ende bedeuten. Analytiker erwarten eine kurze, heftige und denkbar schmutzige Wahlkampagne auf allen Ebenen. (Andrej Ivanji, derStandard.at, 29.1.2014)