Wien/Tel Aviv - Nachdem in Israel der Nachlass des NS-Führers Heinrich Himmler aufgetaucht ist, hat die deutsche Zeitung "Die Welt" (Sonntagausgabe) eine Artikelserie darüber gestartet. Eine Dokumentation der Regisseurin Vanessa Lapa wird bei der Berlinale uraufgeführt und im ORF als erstem TV-Sender weltweit in der zweiten Februarhälfte gezeigt. Ein Buch wird bei Piper und bei Plonge in Frankreich publiziert.

Alle diese Medien stützen sich dabei auf Dokumente der Familie Himmler, die sich jetzt im Besitz der israelischen Filmproduktion Realworks Ltd. befinden und vom deutschen Bundesarchiv und anerkannten Historikern positiv auf ihre Echtheit überprüft wurden. Lange galten die persönlichen Dokumente Himmlers, die in seiner Villa in Gmund am Tegernsee in Bayern versteckt waren, als verschollen.

Himmler war einer der mächtigsten Nazi-Führer und im engsten Kreis um Diktator Adolf Hitler. Er war der Organisator des Holocaust, der Chef von Waffen-SS, Gestapo und Polizei und verantwortlich für die Konzentrationslager und den Tod von Millionen Menschen.

"Der Anständige"

Die 90-minütige Dokumentation mit dem Arbeitstitel "Der Anständige" wurde vom ORF mit dem israelischen TV-Sender yes koproduziert. Der genaue Termin der Ausstrahlung im ORF werde in den nächsten Tagen bekannt gegeben, in der "Zeit im Bild" am Sonntagabend werde aber bereits über das Himmler-Projekt berichtet, hieß es in einer Aussendung des ORF.

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz zeigte sich über die TV-Erstausstrahlung erfreut: "Die Aufarbeitung der Zeitgeschichte, insbesondere der dunkelsten Kapitel des 20. Jahrhunderts, ist eine der wichtigsten öffentlich-rechtlichen Aufgaben des ORF. Daher freue ich mich, dass der ORF an dieser einzigartigen Koproduktion mitgewirkt hat und diese Dokumentation als weltweit erster Fernsehsender ausstrahlen wird." Ins israelische Fernsehen kommt die Dokumentation erst nach der Kinoauswertung.

Synchronsprecher Moretti und Rois

Lapa, die im belgischen Antwerpen geboren wurde und aufwuchs, hat den Nachlass in fünfjähriger Arbeit gesichtet. Darunter befinden sich 276 Briefe von Heinrich Himmler an seine Frau Marga Himmler (geborene Boden) aus den Jahren 1927 bis 1945, 135 vornehmlich private Fotografien, das persönliche Tagebuch und Poesiealbum der Himmler-Tochter Gudrun (geboren 1929), die Tagebücher von Marga und Heinrich Himmler sowie weitere persönliche Dokumente der Familie.

Das Drehbuch der Dokumentation schrieb Lapa mit dem israelischen Autor Ori Weisbrod. Es beruht ausschließlich auf originären Äußerungen, die zu Himmlers Lebzeiten (1900 bis 1945) entstanden. Gedreht wurde die Produktion auf Deutsch. Tobias Moretti (für Heinrich Himmler) und Sophie Rois (für Marga Himmler) fungieren als Synchronsprecher. (APA, 26.1.2014)