In den Chor der Stimmen in Davos, die eine Erholung in Europa sehen, fielen am Freitag auch EZB-Chef Mario Draghi und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble ein. "Wenn man sich die Situation heute anschaut und mit der vor einem Jahr vergleicht, dann ist viel geschehen" , sagte der Chef der Europäischen Zentralbank, der eine "fragile Erholung", aber noch Konjunkturrisiken sieht.

Ähnlich war fünf Stunden davor der Befund von Schäuble ausgefallen: "Europa ist nicht mehr der Kern der Besorgnis." Aller Skepsis, auch hier in Davos, zum Trotz sei es gelungen, den Euro "aus einer gefährlichen Vertrauenskrise herauszubringen", sagte Schäuble. Europa sei noch nicht ganz über den Berg, "aber schon auf der Höhe von Davos, Europa ist auf einem guten Weg."

Ebenso unisono gab es Lob für Griechenland. Draghi sprach von "bedeutenden", Schäuble von "größeren" Fortschritten. Der deutsche Finanzminister fügte hinzu: Die griechische Bevölkerung habe schwere Einschnitte hinnehmen müssen. "Ich wollte das nicht in Deutschland durchsetzen müssen."

Zu dieser positiven Entwicklung hat nach Einschätzung von Draghi nicht nur das Agieren der EZB beigetragen, sondern auch die Entscheidung der Staats- und Regierungschefs für eine Bankenunion. Banken, die heuer den Stresstest nicht bestehen, "sollten gehen", so Draghi kurz und bündig.

Der EZB-Chef versicherte außerdem, im Bedarfsfall einen für die Wirtschaft gefährlichen Preisverfall zu bekämpfen. "Sollte es zu Deflation kommen, würden wir alle Instrumente einsetzen, die uns unser Mandat erlaubt."

Vor Draghi und Schäuble hatte der britische Premierminister David Cameron mehr Aktivitäten von der Europäischen Union gefordert. Regulierung solle abgebaut und mehr Wirtschaftsliberalismus ermöglicht werden, meinte der konservative Politiker.

Cameron schreckte bei seinem - wie immer in Davos - energiegeladenen Auftritt nicht davor zurück, auch öffentlich kontrovers diskutierte Themen wie Immigration und die Gewinnung von Schiefergas anzusprechen. Die Förderung dürfe in Europa nicht durch zu strenge Auflagen behindert werden. Dies sei ein Nachteil gegenüber den USA. Großbritannien habe bereits die Steuern auf Schiefergas verringert. "Wenn die Europäische Union ihren Mitgliedstaaten ungerechtfertigte und voreilige Regeln auferlegt, die die Produktion dieses Gases erschweren, dann werden die Investoren rasch woandershin gehen."

Der britische Premier sprach sich nicht nur für eine Begrenzung der Zuwanderung nach Großbritannien aus, sondern ließ auch mit der Forderung nach längeren Übergangsfristen aufhorchen. Dies müsse bei den nächsten EU-Beitrittsverhandlungen berücksichtigt werden, forderte er. Auf die Frage einer EU-Abgeordneten, wie dies mit der Freizügigkeit in der EU zusammenpasse, antwortete der konservative Politiker: Es müsse Bewegungsfreiheit geben, "aber nicht um Sozialleistungen zu kassieren". Zuversichtlich zeigte sich Cameron, dass Großbritannien in der EU bleibe.

Zollfreie Umweltwaren

In Davos wurde auch eine Initiative gestartet, die den Abbau von Handelshemmnissen bei "grünen Produkten" zum Ziel hat. Die Initiative kündigte am Freitag in Davos an, sich für den weltweiten zollfreien Austausch von Umweltprodukten einzusetzen - darunter Anlagen zur Müllbeseitigung und Wasseraufbereitung. Der Vorstoß wird von der Europäischen Union, den USA, China, Japan und weiteren Staaten unterstützt. Sie stehen nach eigenen Angaben für 86 Prozent des Welthandels im Bereich der "grünen Wirtschaft". (Alexandra Föderl-Schmid aus Davos, DER STANDARD, 25.1.2014)