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Die US-Börse kennt seit 2012 nur eine Richtung: nach oben. Experten warnen vor der Korrektur.

Foto: EPA/Lane

New York / Wien - Das Pendel zwischen Angst und Gier an den Weltbörsen schwingt wieder zurück. Dominierte noch vor kurzem die Angst um die Eurozone die Schlagzeilen und Portfolios, haben Aktien als Wetten auf Wirtschaftswachstum 2012 und 2013 gute Erträge abgeliefert. Doch geht es nach Timothy Hayes, Chefstratege des US-Unternehmens Ned Davis Research (NDR), könnte eine Korrektur drohen: "Die Stimmung am Aktienmarkt ist so gut wie seit zehn Jahren nicht", warnt Hayes. Das auf die Analyse von Finanzmärkten spezialisierte Unternehmen NDR berät Investoren weltweit bei Anlageentscheidungen. Chefstratege Hayes war auf Einladung der Kathrein Privatbank in Wien.

Er sieht angesichts der Rekordstände einiger Aktienindizes teilweise schon "exzessiven Optimismus". Das legen auch Umfragen und ein Blick auf die Zuflüsse in Aktienfonds nahe. Mit den hohen Kursen würden die Börsianer auch viele gute Nachrichten vorwegnehmen: "Der Markt legt die Latte für die künftige Entwicklung hoch." Damit könnten bereits kleine Enttäuschungen zur Erschütterung des Vertrauens führen.

Hayes rechnet daher mit einer baldigen Korrektur an den Aktienmärkten: "Das würde die Bewertungen auf ein realistischeres Niveau bringen." Aktuell hat die durchschnittliche Aktie in den USA ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 21. Gemessen an diesem Maßstab sind Aktien um knapp 25 Prozent teurer als im historischen Schnitt seit 1965.

Gerade zuletzt hätte der Zuwachs der Aktienkurse vor allem die Bewertung steigen lassen, weil die Unternehmen ihre Gewinne nicht so stark steigern konnten. Märkte wie die USA seien daher bereits relativ teuer. Hayes verweist dabei auf die Korrektur von 1987, als die Aktienmärkte in den USA rund um den "Schwarzen Montag" in sehr kurzer Zeit um knapp 30 Prozent eingebrochen sind. Damals wie heute hatte der US-Leitindex S&P 500 in den fünf Jahren davor um knapp 175 Prozent vom Tiefststand zugelegt. Er rechnet zwar nicht mit einem Crash an den Aktienmärkten, denn es gebe kein großes Risiko für eine Rezession in der Weltwirtschaft. "Aber es hat seit zwei Jahren keine Korrektur mehr um die zwanzig Prozent gegeben." Gleichzeitig hat etwa der US-Leitindex Dow Jones 2013 so viele neue Rekordhöchststände erreicht wie zuletzt 1995. "Das alles legt nahe, dass die Aktienmärkte anfällig für eine Korrektur sind."

Während Hayes kurzfristig eine Korrektur bei den bereits weit gelaufenen Aktienmärkten wie den USA erwartet, geht er langfristig dennoch von einem dauerhaften Bullenmarkt - also steigenden Kursen - aus. "Der Rückenwind von lockerer Geldpolitik, höheren Wachstumsraten und die allmähliche Rückkehr des Risikoappetits der Anleger unterstützen die Aktienmärkte nach wie vor." Der NDR-Stratege rechnet daher nach einer kurzfristigen Korrektur wieder mit steigenden Aktienkursen. Dazu kommt noch das Dilemma, vor dem viele Investoren weltweit stehen: Die Anleihezinsen sind äußerst niedrig. Relativ zu Bonds seien Aktien daher weiter interessant.

"Krise hinter sich"

In Europa hätten gerade die Märkte im Süden "die Krise hinter sich gelassen". Das zeigten zumindest die positiven Entwicklungen der Aktien- und Anleihemärkte an.

Lediglich in den Schwellenländern habe sich die gute Stimmung noch nicht durchgesetzt. In den aufstrebenden Volkswirtschaften erwartet Hayes auch vorerst "kein Comeback". Doch wenn sich das Wachstum weiter beschleunigt und auch die Rohstoffpreise wieder steigen, könnten Aktien aus den Schwellenländern wieder gefragt sein. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 25.1.2014)